Hilfsangebote im Kreis barrierearm gestalten

Seit 111 Jahren wird am 25. November auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam gemacht. Doch das Thema ist nicht nur an diesem einen Tag wichtig, besonders mit Blick auf die anstehenden Feiertage.
Werra-Meißner – Jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann seine Partnerin oder Ex-Partnerin zu töten; fast jeden dritten Tag gelingt es – soziale Schicht und Alter egal. Ein sogenannter Femizid. Das geht aus der Statistik des Bundeskriminalamtes hervor. Deshalb brauche Deutschland ein Gesamtkonzept gegen Gewalt an Frauen, was auch im Werra-Meißner-Kreis umgesetzt werden kann, sind sich Amy Wiedermann-Claar und Anja Axt von der Eschweger Frauenberatungsstelle einig. Ein verbindlicher Leitfaden sei wichtig.
„Damit es Fördermittel gibt, müssen konkrete Aktionspläne vorgelegt werden, die dann von Politikern abgesegnet werden müssen“, sagt Wiedermann-Claar. Im Werra-Meißner-Kreis will die Frauenberatungsstelle damit personelle und monetäre Ressourcen aufrüsten. „Unser Augenmerk liegt aber vor allem auf den Kindern. Häusliche Gewalt an Frauen – gibt es Kinder in der Beziehung – ist auch immer eine Kindeswohlgefährdung“, erklärt Axt. Deshalb sei beispielsweise wichtig, auch das Umgangsrecht nach einem Fall von häuslicher Gewalt zu klären. „Oft versuchen die Täter noch über die Kinder Macht auf die Frau auszuüben.“
Hilfe
Wer unter häuslicher Gewalt leidet – auch wenn Kinder betroffen sind – kann sich an den Verein wenden: Tel.: 0 56 51/ 7843; Mail: info@frauen-fuerfrauen-im-wmk.de // frauen-gegen-gewalt.de
Eschwege: Gewalt gegen Frauen mit Prävention bekämpfen
Aber auch ein barrierearmes und digitales Angebot soll weiter ausgebaut werden. „Hinzukommend würden wir gerne mehr Dolmetscherinnen und Dolmetscher engagieren“, sagt Wiedermann-Claar. Dadurch könnten Frauen, die kein oder nur wenig Deutsch sprechen ebenfalls vom Angebot profitieren. Grundlage für ein deutschlandweites Gesamtkonzept ist dabei immer die sogenannte Istanbul Konvention – ein völkerrechtlich bindender Menschenrechtsvertrag, der Staaten dazu verpflichtet, wirkungsvoll gegen Gewalt gegen Frauen.
„Natürlich sind auch Männer von häuslicher Gewalt betroffen, aber in etwa 80 Prozent aller Fälle sind es Frauen, denen Gewalt von Männern angetan wird“, sagt Wiedermann-Claar. „Und in den Fällen, in denen Männer Gewalt erleben, geht diese eben auch hauptsächlich von anderen Männern und nicht von Frauen aus.“
Internationaler Tag zu Gewalt an Frauen und Mädchen
Der 25. November wird bereits seit dem Jahr 1981 dazu genutzt, um über das hohe Ausmaß an Gewalt gegen Frauen zu informieren: in diesem Jahr also zum 111. Mal. Dabei werden die Themen häusliche und sexualisierte Gewalt, Übergriffe im öffentlichen Raum und psychische Gewalt wie Stalking dabei behandelt. Der Gedenktag geht auf die Ermordung der drei Schwestern Mirabal zurück, die am 25. November 1960 in der Dominikanischen Republik vom militärischen Geheimdienst nach monatelanger Folter getötet wurden. Sie waren im Untergrund tätig und hatten sich an Aktivitäten gegen den tyrannischen Diktator Trujillo beteiligt. Außerdem startet am Gedenktag die Kampagne „16 Tage gegen Gewalt“. Sie endet am 10. Dezember, dem internationalen Tag der Menschenrechte. Denn Gewalt gegen Frauen ist auch immer ein Menschenrechtsproblem.
tli
Gewalt gegen Frauen: jeden Tag ein versuchter Femizid in Deutschland
Gewalt gegen Frauen hat viele Erscheinungsformen und beschränkt sich nicht nur auf Vergewaltigung, Mord und körperliche Angriffe. „Auch beispielsweise psychischer Terror, Demütigung und Erniedrigung fallen unter die Definition“, erklärt Wiedermann-Claar. Auch digitale Kontrolle der Partnerin sei bereits ein Fall von häuslicher Gewalt: „Zum Beispiel, wenn Männer das Handy ihrer Partnerin kontrollieren und wegnehmen, um Kontakte zu unterbinden.“
Deshalb sei vor allem Präventionsarbeit so wichtig. „Da Gewalt nicht nur körperlich ist, ist vielen Frauen nicht direkt auf Anhieb bewusst, dass sie Gewalt erleiden“, so Axt. Sie dient aber auch dazu, Menschen zu sensibilisieren. „Über Weihnachten geht es wieder in die heiße Phase“, wissen die Frauenbeauftragten. Denn der Wunsch nach einem besinnlichen Fest führt häufig zu erhitzten Gemütern. Wer nicht die Polizei rufen möchte, sollte die Betroffenen auf der Straße ansprechen und Hilfe anbieten.
Von Theresa Lippe
Auch interessant
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion