Sebastian Mader und Karl Kollmann gehen Hinweisen zu Eschweger Bronzeschwert nach

Eschwege – Die Himmelsscheibe von Nebra, einer der außergewöhnlichsten Funde aus der Bronzezeit, gibt weiter Rätsel auf. Das Problem: Das archäologisch bedeutende Artefakt wurde seinerzeit von Raubgräbern aus dem Boden gewühlt und heimlich verkauft.
Alle weiteren Informationen, die eine systematische Ausgrabung hätte ans Licht bringen können, sind so verloren. Allerdings gibt es weitere Gegenstände, die mit der Himmelsscheibe zusammen vergraben worden waren, zwei Bronzeschwerter. Irgendwie zu diesem Puzzle gehört ein Schwert (beziehungsweise ein gut 50 Zentimeter langer Dolch), das Mitte der 1870er-Jahre im Raum Eschwege ans Licht kam.
„Wenn wir dieses Schwert auftun könnten, wäre das eine echte Sensation.“
„Die Himmelsscheibe von Nebra ist ein Fund von Weltrang“, betont Dr. Karl Kollmann, Vorsitzender des Eschweger Geschichtsvereins. „Wenn wir dieses Schwert auftun könnten, wäre das eine echte Sensation.“ Das Eschweger Schwert, von dem nur noch Kopien bekannt sind, weist am Griff demnach sehr ähnliche Gravuren auf wie die Schwerter, die mit der Himmelsscheibe um 1600 vor Christus in den Boden gelangten. Interessant wäre es nun, die Zusammensetzung des Metalls dieses Schwertes zu analysieren und herauszufinden, ob es aus der gleichen oder einer ähnlichen Produktion stammt.
Allerdings weiß niemand, wann und wo das Eschweger Schwert genau gefunden wurde – oder wo es sich jetzt befindet. Forschungen zum Schwert hatte Bezirksarchäologe Dr. Klaus Sippel erstmals 1999 vorgelegt. Doch hatte er nicht intensiv genug die Quellen verfolgt.
Das haben Sebastian Mader und Karl Kollmann von der AG Archäologie an der Volkshochschule Werra-Meißner nun getan. Seit fast einem Jahr suchen sie nach dem Eschweger Schwert und haben eine Fülle neuer Hinweise aufgedeckt, durch Beharrlichkeit und Akribie. Auch Kommissar Zufall hatte bei der Detektivarbeit die Hand im Spiel. „Wir wissen, dass das Eschweger Bronzeschwert Ende des 19. Jahrhunderts Teil der Sammlung von Carl Anton Milani war“, sagte Sebastian Mader im Vortrag. „Er war ein Kunstsammler aus Frankfurt, der die Sammlung aber 1883 versteigerte.“ Damals hatte sich das Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz (RGZM) darauf spezialisiert, Kopien von bedeutenden Funden anzufertigen und diese zu verkaufen. Kopien des Eschweger Schwerts gingen nach Kassel, Hannover und Berlin. Die Kopie aus Hannover liegt mittlerweile im Seminar für Vor- und Frühgeschichte in Göttingen. Eine andere Kopie hat das RGZM zurückgekauft und bewahrt sie auf. In Berlin wurde Sebastian Mader überraschend im Archiv des Archäologischen Zentrums fündig. Durch Briefe, die sich in alten Akten verbargen, konnte er nachweisen, dass das Eschweger Schwert nicht identisch ist mit einem Schwertfund, der 1887 in Werswing bei Homberg/Efze gemacht wurde. Es hat auch nichts mit einem Bronze-Hortfund vom Itenanger in Eschwege zu tun, der bereits 1824 gemacht wurde.
Schlummert das Schwert unerkannt im italienischen Archiv?
Es könnte, so glaubt Mader, beim Bau der Eisenbahn im Werra-Meißner-Kreis gefunden worden sein – irgendwann kurz vor 1877. Die Sammlung Milani schließlich gelangte nach Italien, die Castellani-Brüder, ebenfalls Kunstsammler, hatten sie gekauft und später dem italienischen Staat vermacht. Es ist also möglich, dass das Original des Schwerts aus Eschwege als einer von 6000 Funden aus dieser Sammlung bis heute unerkannt in einem Archiv in Italien schlummert.
Die historischen Detektive wollen weitersuchen. „Am 14. September 2024 findet der Tag der Hessischen Landesgeschichte in Eschwege statt“, sagt Dr. Kollmann und verspricht: „Wenn wir das Schwert bis dahin finden, laden wir Professor Harald Meller aus Halle (den Erforscher der Himmelsscheibe) für den Festvortrag ein.“
Von Kristin Weber
