Vortrag: Was trug Frau zwischen 1700 und 1960 drunter?

Wie sah sie aus, die Unterwäsche von 1700 bis 1960? Ruth Prio-Klein deckte genau das im Vortrag vor dem Eschweger Geschichtsverein in der Aula der Volkshochschule auf.
Eschwege – Nach der Pensionierung sei ihr Leben erst richtig losgegangen, sagte die ehemalige Krankenpflegeausbilderin, die Dr. Karl Kollmann in Eschwege begrüßte. Die Neugier hat sie sich bewahrt, gerade was die Geschichte betrifft, denn heute betreut sie nicht nur den Geschichtsverein Frankenberg, sondern ist auch zweite Vorsitzende des Hessischen Geschichtsvereins.
Für historische Unterwäsche interessiert sie sich, seit sie eine Ausstellung des historischen Museums in Frankfurt besucht hat. So war das wichtigste Utensil untendrunter in der Frühen Neuzeit nicht etwa die Unterhose, sondern ein knielanges Leinenhemd, dass Männer wie auch Frauen trugen.
Bis in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bildeten diese Hemden neben der Bettwäsche die Basis jeder Aussteuertruhe. Unter dem Rock trug die Frau im 18. Jh. zudem einen Reifrock, der ihre Hüften betonte und so Fruchtbarkeit signalisieren sollte. Oben wurde allerdings mit der Schnürbrust möglichst eng geschnürt, damit die Taille schön schmal war.
Und in all diesen Teilen wurden Metallstäbe verarbeitet, um den Körper der Frauen zu formen. Doch die Mode bewegte sich wellenförmig. Nach der extremen Panzerung kam die Entspannung. Im Biedermeier waren dünne Musselinkleider angesagt, die unter der Brust geschnürt wurden.
Ab 1830 kam der nächste Reifrock aus Stahlreifen auf, die Krinoline, die den Röcken eine ausladende Glockenform gab.
Sitzen konnte die Frau von Welt damit nicht. Atmen konnte sie sowieso nicht, denn jetzt wurde der Torso mit dem Korsett extrem eingeschnürt, so weit, dass es zu körperlichen Deformationen kam, denn Rippen und Organe waren dabei im Weg.
Der Ausspruch: „Wer schön sein will, muss leiden“ gewinnt da ganz neue Dimensionen. Aber keine Entwarnung für die Herren: Auch sie sollten im 19. Jahrhundert eine möglichst schlanke Taille haben, also mussten auch sie sich ins Korsett zwängen. Schließlich wurde um 1900 der Po der Dame mit Kissen unter dem Rock betont. Erst im 20. Jahrhundert durften sie Frauen sich endlich mal legerer kleiden, und damit wurden nun auch Strümpfe (zuerst mit Strumpfhaltern), Unterhosen und Büstenhalter zum Thema.
Im Zweiten Weltkrieg machte die Not erfinderisch. Unterhemden wurden in Hessen alternativ aus Conti-Garn gestrickt, also einem Material, das eigentlich in Autoreifen verarbeitet wurde. Angenehm zu tragen war das sicher nicht. Die Firma Continental musste trotzdem aufpassen, dass nicht zu viel von den begehrten Lagerbeständen heimlich zweckentfremdet wurde.
Anschauungsobjekte, die mit Neugier beäugt wurde, hatte Ruth Prio-Klein mitgebracht. An Strumpfhalter und Petticoats konnten sich auch manche der Zuhörer auch noch selbst erinnern.
(Kristin Weber)