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Abi-Panne 2009: Muss Kultusministerin Henzler Namen verraten?

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Kassel. Muss Hessens Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP) verraten, wer im März 2009 tausenden Schülern den ersten Anlauf zum Mathe-Abitur verpatzt hat? Muss sie den Namen desjenigen in ihrem Haus herausrücken, der damals fehlerhafte Aufgaben an alle Schulen schickte?

Mit dieser Frage befasst sich an diesem Donnerstag der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel. Geklagt hat der Axel-Springer-Verlag für die Bild-Zeitung.

Rückblende: Morgens früh am letzten Freitag im März 2009 fällt irgendjemand in Henzlers Ministerium auf, dass in den Aufgaben fürs zentrale Mathe-Abi drei Fehler und zwei Unklarheiten stecken. Die Alarm-Mail kommt für manche Schule zu spät. Ein Teil der 15 000 Mathe-Abiturienten schwitzt schon über einer Integralrechnung, bei der Wiesbaden Plus und Minus verwechselt hat. Und das ist nur der schlimmste Bolzen.

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Reaktionen auf die Pannen beim landesweiten Mathe-Abitur

Kritik von Schulen damals: Die Panne wäre vermeidbar gewesen, wenn Fachlehrer die Aufgaben nicht erst morgens zur Prüfung, sondern einige Tage vorher erhalten hätten. Trotz der Ungereimtheiten seien die Aufgaben insgesamt für alle lösbar geblieben, sagte hingegen die Ministerin. Und entschuldigte sich trotzdem, dass Schüler bei einer „lebenswichtigen Prüfung möglicherweise irritiert“ worden seien.

Bei Betroffenen aus der Region, die im Internet schäumten, las sich das auch so: „Ich habe noch nie so viele weinende Abiturientinnen gesehen.“ Henzlers Angebot: Wer wollte, durfte Ende April noch ein Mathe-Abi schreiben. Zählen sollte dann die bessere der beiden Noten.

Sogar den Landtag beschäftigte die Panne: Grünen-Bildungsexperte Mathias Wagner sprach von einer „grandiosen Panne“ und „größtmöglichen Blamage“. Die SPD beklagte bildungspolitischen Murks. Selbst CDU-Schulfachmann Hans-Jürgen Irmer hob den Zeigefinger: „Solche Fehler dürfen nicht passieren.“ Wenn Aufgaben trotz sechsfacher Kontrolle Fehler enthielten, gab die FDP-Ministerin im Parlament zu, könne etwas im System nicht stimmen. Das Verfahren solle auf den Prüfstand, sagte sie.

Service:

Für Besucher: VGH Kassel, Brüder-Grimm-Platz 1 -3, 19. Januar, 11 Uhr, Raum 300

Die Informationspolitik des Kultusministeriums auch: Weil Henzlers Haus trotz bohrender Nachfragen der Bild-Zeitung den Namen des Verantwortlichen nicht preisgab, zog der Springer-Verlag vor den Kadi. In erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden bekam er recht.

Nachdem das Land Berufung eingelegt hatte, heißt es jetzt vor dem Verwaltungsgerichtshof Kassel: Was wiegt mehr – Persönlichkeitsrecht und Datenschutz für Ministeriumsmitarbeiter oder das Informationsrecht der Presse? Hessens Kultusministerium wollte sich gegenüber der HNA im Vorfeld des VGH-Termins nicht äußern. Hochkarätige Anwälte haben sich nach Angaben des Gerichts angesagt, mit einer Entscheidung am Donnerstag wird gerechnet.

Konsequenzen des hessischen Kultusministeriums

Nach der Panne mit den Aufgaben fürs Mathe-Abi 2009 hat Hessens Kultusministerium Konsequenzen gezogen. Details teilte die Behörde auf Anfrage unserer Zeitung am Nachmittag mit:

Man nimmt sich mehr Zeit für Prüfungsaufgaben: „Die Erarbeitung der Aufgaben in den Fachkommissionen beginnt nun drei Monate früher und ist zwei Monate vor den Prüfungen abgeschlossen.“

Mehr Leute werden damit beschäftigt: „Die Zahl der Fachkoordinatorinnen und Fachkoordinatoren am Institut für Qualitätsentwicklung (IQ) und die Ressourcen für die Fachkommissionen wurden um insgesamt sechs Stellen erhöht. Auch wurde das Fachreferat im Ministerium personell mit zwei Personen verstärkt.“

Mehr Zeit und Personal leistet sich das Kultusministerium nach diesen Angaben auch für die externe Prüfung der Abi-Aufgaben: „Pro Fach beschäftigen sich nun drei statt bisher zwei Prüfleserinnen und Prüfleser mit den Aufgaben. In dieser Prüflesung werden die Aufgabenvorschläge noch intensiver gesichtet und – im Gegensatz zu früher – zunächst ohne Kenntnis der Lösungshinweise bearbeitet (Probelösen). Damit können Probleme und Unklarheiten mit großer Zuverlässigkeit frühzeitig erkannt und beseitigt werden.“

Neu ist eine Extra-Kontrolle ganz zum Schluss: „Zusätzlich wurde eine abschließende Prüfung der Aufgabenvorschläge im Kultusministerium durch beauftragte Lehrkräfte eingeführt. Auch hier werden die Aufgaben zunächst unter Prüfungsbedingungen bearbeitet (…)“

Von Wolfgang Riek

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