Mobbing? - Polizeibeamter klagt auf Schadensersatz
Frankfurt. Der Kläger im leicht glänzenden, grauen Anzug sieht angeschlagen aus. Die letzten vier Jahre sind nicht spurlos an dem einstigen Frankfurter Kommissariatsleiter vorübergegangen.
Jahre, in denen der heute 53-Jährige aus seiner Sicht bespitzelt, zu Unrecht suspendiert, öffentlich diffamiert und schließlich auf einen niederen Posten im Offenbacher Polizeipräsidium versetzt wurde.
Jetzt will Jochen Z. vor dem Landgericht Frankfurt 30 000 Euro Schadensersatz vom Land Hessen einklagen - wegen Mobbings. Die Geschichte, die Richter Christoph Hefter beim Prozessauftakt gestern in groben Zügen erzählt, klingt tatsächlich abenteuerlich: Über lange Zeit hatten drei Mitarbeiter des Kommissariats nach Feierabend und an Z.’s freien Tagen heimlich Unterlagen des Polizisten kopiert, in einem Ordner gesammelt und schließlich der damaligen Vize-Präsidentin des Präsidiums, Sabine Thurau, übergeben.
„Sehr ungewöhnlich“
Der Inhalt sollte belegen, dass Z. sich zahlreicher Fehlverhalten schuldig gemacht hatte, vom unerlaubten Besuch von Eintracht-Spielen mit dem Dienstausweis bis zu falschen Spesenabrechnungen. Die Chefetage, die sich zu jener Zeit mit allerhand Skandalen herumschlagen musste, handelte „sehr schnell“, wie der Richter befand, „und auf sehr ungewöhnliche Art und Weise“: An seinem freien Tag wurde Z. zu Hause in Gelnhausen von Beamten und dem Polizeipsychologen abgeholt. Man nahm ihm Schlüssel und Dienstwaffe ab, suspendierte ihn und erteilte Hausverbot. Sabine Thurau, heute Chefin des Landeskriminalamtes (LKA), soll anschließend Kollegen erklärt haben, Z. werde nie wieder in den Polizeidienst zurückkehren. Was, wie auch der Richter meint, einer Vorverurteilung gleichkommen würde. Indes: Genau dies werde bestritten.
„Auffallend zurückhaltend“
Allerdings, so der Richter unter bitterem Gelächter vieler aus der Polizei stammender Zuhörer - sei die Gegenseite „auffallend zurückhaltend“ bei Fragen nach dem Hintergrund und möglichen Auftraggebern der Bespitzelung des Klägers. Dies sei schon nicht unerheblich, mahnt Hefter.
Immerhin, einen Anfangsverdacht gegen Z. gab es, denn die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf. Doch weder sie noch die internen Ermittler beim LKA konnten strafrechtlich Relevantes bei Jochen Z. entdecken.
Geholfen hat es ihm nichts. In der Boulevardpresse wird Z. an den Pranger gestellt, unterstützt von Äußerungen des Frankfurter Polizeipräsidenten Achim Thiel.
Richter Hefter empfiehlt den Kontrahenten, gleichwohl über einen Vergleich nachzudenken. Gelingt das nicht, dürfte man bald mehr hören über die Zustände im Frankfurter Polizeipräsidium.
Von Petra Wettlaufer-Pohl