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Völkermord in Ruanda: Mann steht in Frankfurt vor Gericht

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Fahndungsplakat von Interpol: Onesphore Rwabukombe.

Frankfurt. Auf dem Fahndungsplakat von Interpol ist Onesphore Rwabukombe kaum zu erkennen. Doch ab Dienstag wird man sich ein Bild von ihm machen können.

Der inzwischen 54-jährige Ex-Bürgermeister von Muvumba in Ruanda steht ab heute vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt. Er soll einer der Beteiligten am Völkermord in seinem Heimatland im Jahr 1994 gewesen sein.

37 Jahre alt war er, als 1700 Angehörige der Tutsi-Minderheit sich in der Kirche seines Städtchens im Osten des Landes versteckten - auf der Flucht vor der entsetzlichen Brutalität der Hutu-Milizen. 1400 Menschen starben wenig später, erschlagen, erschossen, von Pfeilen durchbohrt. Rwabukombe soll der mordenden Bande den Befehl gegeben haben.

Und das nicht nur einmal. Auch zwei weitere Massaker werden dem Ex-Bürgermeister zur Last gelegt, insgesamt wirft ihm die Bundesanwaltschaft vor, für den Tod von 3730 Tutsi verantwortlich zu sein, Männer, Frauen, Kinder. Völkermord und Mord lauten die Anklagepunkte der Karlsruher Bundesanwälte, die Ermittler waren auch in Ruanda unterwegs, Überlebende der Massaker sind als Zeugen in Frankfurt geladen.

Seit 2002 in Deutschland

Der Angeklagte, über den sonst wenig bekannt ist, kam 2002 als Flüchtling nach Deutschland, stellte einen Asylantrag und lebt seitdem mit seiner Familie in Frankfurt. 2008 beantragte Ruanda seine Auslieferung, doch die deutschen Behörden lehnten es ab. „Es sind Zweifel angebracht, ob Prozesse in Ruanda den Fairness-Standards genügen, die wir anlegen“, sagte die Amnesty-Völkerrechtsexpertin Leonie von Braun der Nachrichtenagentur epd. Sie begrüßt, dass das Oberlandesgericht nun tätig wird, sieht eine internationale Verantwortung dafür, dass die Täter des Völkermords ihre gerechte Strafe bekommen. In Deutschland droht Rwabukombe lebenslange Haft.

Der Ruander war bereits 2008 in Deutschland verhaftet, dann aber wieder freigelassen worden. Die Beweise gegen ihn hätten nicht ausgereicht, so die Begründung der Ankläger. Nach intensiven Ermittlungen wurde der 54-Jährige im Juli 2010 erneut verhaftet, seitdem sitzt er in Weiterstadt in Untersuchungshaft. Selbst hat er sich noch nicht geäußert zu den Vorwürfen.

Gesetzliche Grundlage für die Anklage ist der bis 2002 gültige Völkermord-Paragraf 220a des Strafgesetzbuches, denn die Taten ereigneten sich 1994. Seit 2002 gilt das Völkerstrafgesetzbuch.

Der Prozess dürfte für alle Beteiligten eine Herausforderung werden. Richter Thomas Sagebiel hat bis zum Herbst 45 Verhandlungstage angesetzt, allein zwei soll die Verlesung der Anklage dauern. Auch die Vernehmung der Zeugen dürfte sich schwierig gestalten, denn die Geschehnisse liegen mittlerweile 17 Jahre zurück. Gleichwohl müsse alles „minutiös“ aufgearbeitet werden, so Rwabukombes Verteidigerin Natalie von Wistinghausen gegenüber epd. Im Februar soll zunächst ein Soziologe einen Überblick über den Völkermord an den Tutsis geben.

Von Petra Wettlaufer-Pohl

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