"Big Eyes": Von der Gier nach Geltung
München - Mit „Big Eyes“ verfilmte Tim Burton die wahre Geschichte des Hochstaplers Walter Keane. Mit einem überzeugend spielenden Christoph Waltz.
Wie er sich so über die Schulter seiner künftigen Frau beugt, den Blick auf das Kinderporträt mit den übergroßen Augen gerichtet, da lächelt er wie ein holzgeschnitztes Rumpelstilzchen. Als würde gerade ein intriganter Plan in ihm aufkeimen. Walter Keane alias Christoph Waltz, gemeiner Hochstapler, der die Kunst seiner Partnerin als die seine ausgab.
Es gibt Stimmen, die Waltz’ Spiel in Tim Burtons („Charlie und die Schokoladenfabrik“) neuem Regie-Streich als zu ironisch, zu überambitioniert kritisieren. Dadurch würde er der Ungerechtigkeit dieser wahren Geschichte nicht gerecht werden, ja, sie gar in die Banalität treiben.
Schließlich geht es nicht nur um einen Mann, der sich mit fremden Federn schmückt. Sondern um die Gesellschaft der Fünfzigerjahre, in der auch in der Kunst vornehmlich Männer Karriere machen, die „Weibchen“ höchstens lächelnd den Champagner auf der Vernissage reichen dürfen, und Pfarrer bei der Beichte raten, auf die Weisheit des Gatten zu vertrauen. All das deutet „Big Eyes“ durchaus an.
Was machen Eitelkeit und die Sucht nach Bestätigung aus einem Menschen?
Durch sein überzogenes Spiel inmitten dieser fein drapierten Pastellfarben-Welt deckt der österreichische Oscar-Preisträger Waltz aber noch einen anderen Aspekt dieses Plagiatskandals auf: Es geht gar nicht so sehr um das Verhältnis der beiden Eheleute, sondern um den Hochstapler an sich. Darum, was Eitelkeit und die Sucht nach Bestätigung mit einem Menschen machen.
Dieser Keane ist in all seiner Lächerlichkeit eine tragische Figur: Niemand interessiert sich für seine immer gleichen Landschaftsbilder aus Paris oder Deutschland; von denen später klar wird, dass er sogar die nicht selbst gemalt hat, ja nicht einmal in den jeweiligen Städten gewesen ist.
Dann trifft der gelernte Immobilienmakler auf die blonde, stille Frau mit den blauen Augen: Margaret (Amy Adams), die mit immer etwas entrückter, trauriger Miene Kinder malt, die ein Spiegelbild ihrer selbst zu sein scheinen: Mit ihren übergroßen Kulleraugen machen sie heutigen Mangas Konkurrenz.
Auch Adams ist idealbesetzt: So überdreht dieser lächerliche Hampelmann an ihrer Seite, so in sich gekehrt und verschlossen ist die blonde Schönheit selbst; während sie in ihrem Dachkammer-Atelier sitzt und ein Bild nach dem anderen produziert, mit dem sich der Ehemann dann selbst produzieren kann.
Natürlich vorgeblich allein, weil man als Mann mehr Geld mit Kunst verdienen könne. In Wahrheit aber aus peinlich übersteigerter Sucht nach Anerkennung.
(In München: Mathäser, Münchner Freiheit, Eldorado, Atelier, Cadillac, Kino Solln, Museum Lichtspiele OV, Cinema OV.)
Katja Kraft
„Big Eyes“
mit Christoph Waltz, Amy Adams
Regie: Tim Burton
Laufzeit: 107 Minuten
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