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Schwestern aus den USA besuchen die Heimat ihrer jüdischen Vorfahren

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Von: Emily Spanel

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Die jüdische Geschichte in Herleshausen ist dank des Arbeitskreises Stolpersteine gut aufgearbeitet: (von links) Paulette und Hella Buchheim mit Helmut Schmidt, der die Schwestern mit dem Ehepaar Beck aus Datterode auf ihrer Spurensuche begleitete.
Die jüdische Geschichte in Herleshausen ist dank des Arbeitskreises Stolpersteine gut aufgearbeitet: (von links) Paulette und Hella Buchheim mit Helmut Schmidt, der die Schwestern mit dem Ehepaar Beck aus Datterode auf ihrer Spurensuche begleitete. © Emily Hartmann

Die Schwestern Paulette und Hella Buchheim sind aus den USA nach Deutschland gereist, um sich auf die Spuren ihrer jüdischen Vorfahren zu begeben. Station machten sie unter anderem in Herleshausen.

Herleshausen –Paulette Buchheim steht vor einem großen Wohnhaus in Herleshausen, vor ihr Stolpersteine im Boden verlegt. Die Frau mit den feinen Gesichtszügen schaut auf die Namen. Die Erinnerungen kommen, und mit ihr das Deutsch, das die gebürtige US-Amerikanerin in ihrer Jugend in Cincinnati/Ohio erlernt hat. Vergangenheit und Gegenwart werden durch ihren Besuch in Herleshausen miteinander verwoben, die Chronologie der Ereignisse aufgebrochen.

Paulette und ihre ältere Schwester Hella Buchheim sind nach Deutschland gereist, um einen Eindruck vom „Davor“ zu bekommen. Wie sah das Leben ihrer jüdischen Ahnen vor der Zeit des Nationalsozialismus mit all seinen Gräueln aus – und vor allem: Wie hätten diese ihr Leben auch gestalten können, ohne die Shoah?

Ihre jüdischen Wurzeln sind den beiden Schwestern wichtig

Es ist auch ihre Geschichte, ihre jüdischen Wurzeln sind den beiden Schwestern wichtig. Mit ihrer Familie sind sie Ende der 1950er- und in den 1960er-Jahren behütet in den USA aufgewachsen; in einer kleinen Gemeinde, in der sich überwiegend deutsche Flüchtlinge niedergelassen hatten. Und während andere nicht mehr an das erlittene Leid während der Nazi-Zeit erinnert werden wollten, hielt die Familie Buchheim an einigen Traditionen fest. Am „typisch deutschen Essen“ etwa, „und an der Pünktlichkeit“, wirft Hella Buchheim ein und lacht herzlich.

Es ist nicht die erste Reise der Schwestern nach Deutschland; aber zum ersten Mal steht die Familienlinie mütterlicherseits im Fokus. Hannelore „Lore“ Grüneberg wurde am 9. März 1925 in Gelsenkirchen geboren, überlebte den Holocaust und immigrierte im Jahr 1950 über Bergedorf/Hamburg, Bolivien und Argentinien in die USA. Ihren Ehemann Siegfried Fritz „Fred“ Buchheim – im Übrigen in Bad Wildungen geboren – lernte Hannelore Grüneberg 1951 in Bolivien bei den Vorbereitungen für ein jüdisches Fest kennen. Im Februar 1952 wurde Hochzeit gefeiert, wiederum ein Jahr später wurde Hella geboren. Die jüngste Schwester Paulette vervollständigte die Familie.

Kontakt nach Datterode

Zarte Bande nach Deutschland geknüpft haben die Schwestern bereits vor drei Jahren. Über E-Mail und soziale Medien hielten sie Kontakt zu dem Datteröder Thomas Beck, der, wie es der Zufall will, schon über viele Jahre freundschaftliche Beziehungen zu ihren Verwandten in den USA pflegt. „Der Besuch von Hella und Paulette war lange geplant – doch dann kam Corona“, sagt Thomas Beck. Aber nun habe alles gepasst – und die Schwestern gehen auf Spurensuche in der Region. Nentershausen (Kreis Hersfeld-Rotenburg), Herleshausen, Eschwege und die ehemalige Synagoge in Abterode etwa stehen auf dem Programm.

Ein besonders herzlicher Dank der Schwestern gilt Menschen wie dem Herleshäuser Helmut Schmidt, dessen oft jahrelange Recherchen als Vorsitzender des Arbeitskreises Stolpersteine „das Aufspüren persönlicher Geschichten“ möglich machen. „Und wer kann schon behaupten, seine Ahnenreihe so lange zurückverfolgen zu können, wie wir?“, fragt Paulette Buchheim begeistert.

So hat der Arbeitskreis Stolpersteine die Biografie Salomon Segal ben Aaron Segal Müller (geboren 1762 in Stadtlengsfeld) aufgearbeitet. Mit ihm beginnt die Herleshäuser Linie der Müller-Familie; direkte Nachfahrinnen sind Hella und Paulette Buchheim. Salomon Segal ben Aaron Segal Müller kann das älteste Grab auf dem jüdischen Friedhof Herleshausen zugeordnet werden.

„Einfach überwältigend“ seien die Eindrücke, die sie in unserer Region gewonnen habe, sagt Paulette Buchheim dankbar. Von den zuvorkommenden, unterstützenden Menschen, die sich so sehr um Geschichte und Aufarbeitung bemühen. (Von Emily Hartmann)

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