Gedenken an die Opfer des Holocaustes in Herleshausen

Um der Opfer des Holocaust zu gedenken, hatten sich am Freitag mehr als 200 Menschen in Herleshausen versammelt und eine symbolische Kette zur ehemaligen Synagoge des Ortes gebildet.
Herleshausen – Die Schüler der Klasse 4 b der Südringgauschule lasen 48 Namen der Opfer des Nationalsozialismus aus Herleshausen vor, stellvertretend für die jüdischen Mitbürger und andere Opfer aus dem gesamten Kreis, die während des Nationalsozialismus in Konzentrationslagern systematisch ermordet wurden.
Gut 200 Menschen hatten sich am Freitag (27.01.2023) in Herleshausen zum Gedenken an den Holocaust im Werra-Meißner-Kreis mit Kerzen versammelt und bei Nacht und Regen von der Burgkirche aus eine Lichterkette bis zur ehemaligen Synagoge gebildet. Die Namen der Opfer wurden zudem auf kleine Steine geschrieben, die später, dem jüdischem Trauerbrauch entsprechend, auf den jüdischen Friedhof gebracht werden sollten.

„Mich haben viele Reaktionen der Angehörigen der Opfer aus aller Welt erreicht“, sagte Mitorganisator Helmut Schmidt, Vorsitzender des Arbeitskreises „Stolpersteine“ im Ort. „Sie beobachten mit Dankbarkeit, was wir hier tun und dass wir die Namen ihrer Vorfahren nennen, damit sie nicht vergessen werden.“
Mit einigen Schicksalen der Opfer hatten die Schüler sich im Unterricht intensiver beschäftigt. Etwa mit Rosi Ochs, die 1943 im Vernichtungslager Sobibor ermordet wurde. Ihren Stolperstein hatten die Schüler mit ihrem Taschengeld finanziert. „Es ist wichtig, dass die Vergangenheit nicht in Vergessenheit gerät“, sagte Helga Gogler vom Verein „Deshalb verlegen wir Stolpersteine in Herleshausen und Nesselröden.“
Pfarrer Martin von Frommerhausen blies das Shofar- Horn und sang mit allen Anwesenden auf Hebräisch „Meine Seele wartet“. Die Lichterkette von der Kirche zur Synagoge sollte ein Zeichen des Zusammenhalts von Christen und Juden setzen. „Mit dem Gedenken an die Opfer wollen wir dazu beitragen, dass Antisemitismus und Rassismus nicht weiter an Macht gewinnen“, sagte Dr. Martin Arnold, Dekan im Ruhestand und Vorsitzender des ausrichtenden Vereins „Freunde und Freundinnen des jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis“. Gerade für die Schüler sei es wahrscheinlich erschreckend, wenn sie hörten, dass damals auch Kinder und alte Menschen deportiert wurden.
Den Teilnehmern war es wichtig, an diesem Abend dabei zu sein, um sichtbar das Zeichen zu unterstützen, wie etwa Ira Cheaverini. „Es ist mir wichtig, immer wieder auf dieses Thema aufmerksam zu machen“, sagte sie. Auch Helmut Deist aus Herleshausen wollte sich erinnern, da ihm viele Familien der Ermordeten aus dem Ort bekannt sind. Stefan Krüßmann aus Schwebda hatte erst kürzlich mit seiner Familie ein Konzentrationslager besucht, da sein 16-jähriger Sohnes sich im Geschichtsunterricht mit dem Thema beschäftigt hatte. „Es ist unvorstellbar, was an diesen Orten passiert ist“, sagt er, immer noch erschüttert. Er fürchtet, dass heute zunehmend mehr Menschen ihre Sensibilität gegenüber dem Thema verlieren. Pfarrer Dr. Manfred Gerland wandte sich zum Schluss noch einmal an die Zuhörer: „Die jüdischen Mitbürger waren damals in das Leben in Herleshausen integriert, doch mit dem Beginn des Faschismus wurden sie auch hier ausgegrenzt. Und auch die Pfarrer haben weggeguckt, das muss man sagen, so traurig das ist.“
Gemeinsam wurde das Lied „Wir wünschen Frieden euch allen“ auf Hebräisch gesungen, „Hevenu Schalom“.
