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Bestätigte Sichtung eines seltenen Fischadlers in den Herleshäuser Werraauen

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Von: Emily Spanel

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Diese  Aufnahme eines gefährdeten Fischadlers gelang Fotograf Roland Brack in den Herleshäuser Werraauen. Deutlich erkennbar ist der Markierungsring, der den Fischadler eindeutig identifiziert.
Diese spektakuläre Aufnahme eines gefährdeten Fischadlers gelang Fotograf Roland Brack in den Herleshäuser Werraauen. Deutlich erkennbar ist der Markierungsring, der den Fischadler eindeutig identifiziert.  © Roland Brack

In Herleshausen ist ein Fischadler gesichtet worden. Dieser Vogel gilt in Deutschland als gefährdet. Die Sichtung wurde mittlerweile verifiziert.

Herleshausen – Es wird nicht viele Leute geben, die die Werraauen bei Herleshausen so gut kennen wie Ronny Schlägel. Und ziemlich sicher gibt es niemanden, der die aktuelle Vogelwelt dort besser kennt als er. Ronny Schlägel ist der Vogelschutzbeauftragte für Herleshausen. An den Wochenenden, kurz nach Sonnenaufgang, ist er oft in der Flur unterwegs.

Seine Vogel-Beobachtungen meldet er an das Internetportal ornitho.de – die interaktive Karte bündelt das Vorkommen heimischer Vogelarten im deutschlandweiten Überblick oder in der eigenen Umgebung.

Eine Sichtung wie die im vergangenen Herbst aber hatte selbst er zuvor noch nie gemacht: ein Fischadler, mitten in den Herleshäuser Werraauen. Dabei gilt die Population des Fischadlers in Deutschland laut Angaben des Naturschutzbundes (Nabu) als gefährdet.

Fischadler auf der Durchreise

„Dieser Fischadler war sicher kein Brutvogel, sondern zog auf der Durchreise durch Herleshausen“, schränkt Ronny Schlägel ein. Allein die Sichtung aber sei eine wirkliche Besonderheit.

Begleitet worden ist der Vogelschutzbeauftragte an diesem Tag von dem Herleshäuser Fotografen Roland Brack. Beiden Männern gelangen fotografische Aufnahmen des seltenen Gastes – so scharf, dass sogar der Markierungsring des Fischadlers auslesbar war. Dieser Ring ist wie ein „Personalausweis“ für Vögel, mit dem sie eindeutig identifiziert werden können. Durch die Ringe kann das Leben der Vögel verfolgt werden: So sehen Vogelschützer beispielsweise, wo die Tiere besonderen Gefahren ausgesetzt sind oder wo sie sich ansiedeln.

Roland Brack meldete die Herleshäuser Sichtung des beringten Vogels umgehend an das Institut für Vogelforschung, die Vogelwarte in Helgoland (Schleswig-Holstein). Und jüngst erhielt er das Antwortschreiben per E-Mail: Ja, die Herleshäuser Sichtung könne eindeutig als Fischadler bestätigt werden. Beringt wurde eben dieser Vogel noch als Nestling im Juli 2022 in Jederitz (Sachsen-Anhalt); hatte bis zu seinem Wiederfund in Herleshausen 63 Tage später also bereits eine Strecke von über 241 Kilometern zurückgelegt.

Gnadenlose Verfolgung

Noch im 19. Jahrhundert waren Fischadler in ganz Mitteleuropa an Seen und Flüssen als Brutvögel verbreitet. Da der Adler ausschließlich Fisch frisst, wurde er vom Menschen lange Zeit als Nahrungskonkurrent angesehen und gnadenlos verfolgt: Die Vögel wurden gezielt abgeschossen, Gelege geplündert und Horstbäume gefällt. Bis auf wenige Exemplare im Norden war der Fischadler Anfang des 20. Jahrhunderts auch in Deutschland nahezu ausgerottet. Erst durch intensive Schutzmaßnahmen wie Nisthilfen, Schutzzonen und verminderten Jagddruck stieg die Population wieder.

Steckbrief: Das ist der Fischadler 

Der Fischadler lebt in der Nähe von flachen Süßwasserseen oder küstennahen Brackwassern. In Deutschland kommt er vor allem in Mecklenburg-Vorpommern vor, aber auch in Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt gibt es einige Vertreter seiner Art. Sein Nest baut er meist in den Baumkronen freistehender hoher Bäume. Den Winter verbringen Fischadler überwiegend in Afrika, oft südlich der Sahara. Sie beginnen im August, Richtung Süden zu ziehen, und kommen ab Ende März bis Mitte April in die Brutgebiete zurück.

Auf dem Speiseplan des Fischadlers stehen ausschließlich Fische. Seine Jagdtechnik hat er perfektioniert, so kann er sie in bis zu einem Meter Wassertiefe noch erbeuten. Generell gehört der Fischadler nicht zu den ruffreudigsten Vögeln. In der Balzzeit kann man ein fast trauriges Pfeifen, das wie „ü-iilp ü-iilp“ klingt, vernehmen.

Von Emily Hartmann

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