Joseph Carlebach wurde 1885 in Frankfurt/Main geboren und zog gemeinsam mit seiner Ehefrau Rebekka und Sohn Isaak 1932 von Frankfurt nach Herleshausen. Joseph Carlebach war groß, „von stattlicher Gestalt“ und, wie es im Gedenkbuch der Stadt Fürth zu entnehmen ist, ein begnadeter Redner. Bei „Faßhauers“ (später: Metzgerei Otto/ Kurt Engel, Hainertor 2) versah er die Aufgabe des Schächters. Weiterhin oblag es ihm, neben dem Religionsunterricht für die jüdischen Schüler als Vorbeter für die Leitung des Gottesdienstes in der Synagoge tätig zu sein.
In der Pogromnacht stand er „wie ein Fels in der Brandung“, so ein Zeitzeuge, am Eingang des Schulhauses und musste dennoch mit Entsetzen dem rund einstündigen Treiben tatenlos zusehen. Seine Frau muss entsetzlich, quasi in Todesangst, geschrien haben, als die Steine auch ihr Schlafzimmerfenster zerschlugen.
Karl Fehr, der damalige Bürgermeister Herleshausens, berichtete dem Landrat am 19.11.1938 pflichtgemäß: „In der Wohnung des jüdischen Lehrers wurde teilweise die Inneneinrichtung zerstört.“ Noch lange war das eingeschlagene Küchenfenster nur notdürftig mit Brettern zugenagelt.
In Unterlagen des ITS-Archivs Bad Arolsen ist zu lesen, dass Joseph Carlebach am 12.11.1938 in das Konzentrationslager Buchenwald mit der Häftlingsnummer 25.641 eingeliefert und am 15.12.1938 entlassen wurde. Kategorie und Grund für die Inhaftierung: „Aktionsjude“. Als Aktionsjuden werden die rund 26 000 nach der Pogromnacht verschleppten Juden bezeichnet.
Familie Carlebach hat nach der Zerstörung der Synagoge und ihrer Wohnung kurz nach der Entlassung von Joseph Carlebach aus dem KZ Buchenwald Herleshausen für immer verlassen und ist nach Frankfurt am Main umgezogen.
Von Emily Hartmann