„Luschtobjekt“ ist Bülent Ceylans bisher persönlichste Show

Als das neue Programm auf die Bühne kommt, bleibt kein Auge trocken. Comedian Bülent Ceylan plant eine große Tour, doch dann kommt Corona und „Luschtobjekt“ wandert erst mal in die Schublade. Im Interview erzählt uns der Mannheimer, dass er es beinahe bis auf Wacken geschafft hätte, was für ihn Entspannung heißt und warum die Zwangspause seinem „Luschtobjekt“ sogar gutgetan hat.
Kurze Frage vorab: Siezen oder duzen?
Duzen, ich bin der Bülent.
Wunderbar. Du hast dein aktuelles Programm „Luschtobjekt“ 2020 vor Corona das erste Mal aufgeführt. Hat sich seitdem etwas daran geändert?
Es ist wirklich komisch, aber es passt wie die Faust auf´s Auge. Die Leute fragen mich sogar „Hast du das jetzt extra für die Zeit so brutal aktuell gemacht?“ Aber es war von Anfang an so. Natürlich habe ich auch Geschichten aus den letzten zwei Jahren, was ich alles so erlebt habe, besonders mit meiner Familie, eingeflochten. Es ist eigentlich „Luschtobjekt 2.0“ (lacht). Ich habe damals schon zum Schluss das Lied „Father and Son“ von Cat Stevens gesungen und das bekam jetzt durch die Ukraine eine neue, ganz starke Bedeutung, weil es ja ein Lied vom Vater an seinen Sohn ist. Gerade wenn man die Bilder gesehen hat, wo die Väter [in der Ukraine, Anm. d. Red.] zurückbleiben, singe ich das Lied jetzt nicht mehr nur für meinen verstorbenen Vater, sondern auch für die ukrainischen und auch die russischen Väter. Denn da [in Russland] gibt es bestimmt auch genug, die das alles nicht wollen, aber ihren Mund nicht aufmachen können aus Angst im Gefängnis zu landen.
Wie reagiert das Publikum darauf?
Leute, die mich kennen oder schon Liveprogramme von mir gesehen haben, sagen „Ey, das ist echt das beste, emotionalste, was du je gemacht hast.“ Und das freut mich, das tut mir gut. Wenn man so viele Programme schon hatte, will man natürlich das eine Programm toppen und manchmal gelingt einem das – und manchmal gelingt es einem vielleicht nicht so richtig. Aber jetzt ist mir das wieder richtig gut gelungen. Ich bin auch sehr dankbar, dass es so einen Nerv trifft. Die Leute lachen erst mal zwei Stunden und dann kommen noch einige Lieder und das berührt [das Publikum] dann noch am Ende. Das ist Wahnsinn, mit Comedy kriegt man die Leute, hat sie voll in Stimmung gebracht und am Ende zeigt sich, was Musik noch mal ausmacht. Mich freut es sehr, dass es eben nicht nur ein reines Comedy-Programm ist und dass mir und meinem ganzen Team sowas gelungen ist.
Dann bleibt zum Schluss kein Auge trocken?
Entweder vom Lachen oder vom Weinen (lacht). Natürlich ist Lachen erst mal das A und O. Aber Musik ist genauso wichtig.
Du hast bereits als Kind Musik gemacht und bei The Masked Singer (ProSieben) teilgenommen. Ist Musik deine zweite Leidenschaft?
Ich kann mir schon vorstellen, irgendwann mal ein eigenes Album zu machen. Vor Corona hatte ich auch schon Termine mit einer Band aufzutreten, auch auf Wacken. Ich freue mich riesig, dass mittlerweile die Musik wieder präsenter in meinem Leben ist. Das sieht man ja auch an der Show „Don´t Stop the Music“, die jetzt auf KIKA zu sehen ist. Dabei arbeite ich an einer Berliner Schule mit Kindern, die nie die Möglichkeit hatten, Musikinstrumente zu lernen. Und da sieht man, was die innerhalb kürzester Zeit für eine Entwicklung machen. Das ist wirklich toll. [...] Irgendwann ist man als Comedian an dem Punkt, wo man sagt, ich habe jetzt alles erreicht bis hin zum gefüllten Stadion. Ich liebe das [Comedy] auch, aber bei mir war die Musik schon immer drin. Im Grunde habe ich als Teenager angefangen, mit einer Rockband. Und bin dann immer mehr Comedian geworden, aber der Traum von einer Band blieb.
Schaut man sich deine Projekte der vergangenen zwei Jahre an, ein Bestseller-Buch und zwei erfolgreiche Podcasts, fragt man sich, ob du denn auch mal still auf dem Sofa liegen kannst.
Ja, es wirkt wirklich so, wenn man das so liest, denkt man „Ey, der ist ja auf Dauerstrom.“ (lacht). Nee, ich habe schon meine Momente, in denen ich abschalten kann. Das ist spätestens dann, wenn ich zuhause bin. Meine Kinder wollen mit mir spielen, Lego bauen und das ist schon Abschalten genug. Ich gehe auch gerne mal mit der Family in den Urlaub. Und genieße das dann auch, einfach mal am Strand zu liegen und nichts zu tun. Das kann ich auch sehr gut, aber nicht so lange. Von meiner Frau höre ich dann „Jetzt bleib doch einfach mal liegen“.
Macht ihr zuhause auch Musik?
Ja! Also, mein Sohn lernt Klavier. Gott sei Dank können wir uns das leisten. Viele Familien können das eben nicht und es darf kein Privileg sein, ein Instrument zu erlernen. Es müsste an Schulen und generell überall mehr angeboten werden.
Im Internet wird oft nach deinem Familienstand gefragt. Wie kommt das?
Meine Frau möchte nicht so im Mittelpunkt stehen. Das ist nicht ihr Ding. Das hält auch die Familie bedeckt. Ich rede zwar auf der Bühne über meine Kinder, aber ich nenne nicht die Namen oder das genaue Alter oder poste sie online. Es gibt so viele schlimme Idioten im Netz und wenn dann da Kinderfotos herumschwirren, finde ich das nicht gut. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Wir haben uns entschieden, es nicht zu machen. Aber wenn unsere Kinder dann 18 sind und auch in die Öffentlichkeit wollen, dann helfe ich ihnen. Ich bin ja auch in diese Richtung gegangen.
Im Juli kommst du zu uns nach Bad Sooden-Allendorf. Wer sollte alles zur Show kommen?
Alle! Es heißt zwar „Luschtobjekt“, aber es ist nicht sexuell. Ich habe diesen Titel gewählt, weil ich mir gesagt habe, ich muss auch mal was für die Frauen machen. Die haben es satt als Objekt angesehen zu werden, und deswegen bin ich jetzt mal euer Luschtobjekt (lacht). Wenn ich nun mein Publikum anschaue, sehe ich alle Generationen. Die Kinder nehmen vielleicht nicht alles mit, was die Großen verstehen. Dafür lieben sie aber die Charaktere wie die Anneliese. Manchmal sieht man drei, vier Generationen im Publikum sitzen, die Uroma, Oma, Tochter und das Enkelkind. Das ist einfach Wahnsinn, das hätte ich nie gedacht. Es ist wirklich ein Programm für die Family. Ich wollte schon immer mal eine Show für ein gemischtes Publikum machen und das ist es jetzt. Das merkt man auch an den Lachern. Selbst wenn die jungen ganz krass lachen, dann lachen die Alten trotzdem mit, weil sie angesteckt werden und umgekehrt genauso.
Tickets: Bülent Ceylan – Luschtobjekt | OPEN HAIR, 24.7., Bad Sooden-Allendorf, online über sound-garten.de oder Tourist-Info Eschwege oder Bad Sooden-Allendorf. buelent-ceylan.de/tour
Zur Person
Bülent Ceylan (46) ist ein deutscher Komiker. Er wurde 1976 in Mannheim geboren. Er hat vier Geschwister und wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Während seiner Schulzeit war er eher der Außenseiter. In Mannheim machte er sein Abitur, er studierte Politik und Philosophie. Bülent spricht kein Türkisch, aber dafür unverkennbaren Mannheimer Dialekt
Von Ulrike Käbberich