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Die Kirche im Dorf lassen: Wertvolle Wandmalereien prägen das Gotteshaus in Datterode

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Christus in der Mandorla als Weltenrichter: Dieses eindrucksvolle Wandbild ist nahe der Orgel, direkt über dem ehemaligen Ein- und Ausgang der Kirche, zu finden. Ein Schwert symbolisiert die Bestrafung, die Lilie die Barmherzigkeit. Jedem, der die Kirche einst verließ, sollte es als Mahnung für seine eigene Art zu leben dienen. © Fotos: Spanel

Datterode. 85 Gotteshäuser der evangelischen Kirche gibt es im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung – jede Kirche hat mindestens eine spannende Geschichte zu erzählen. Heute stellen wir die Kirche in Datterode vor.

Wer die Kirche in Datterode betritt, braucht Zeit. Zeit, um die wertvollen Wandmalereien als einzigartigen Schatz der Region auf sich wirken zu lassen, und Zeit, um deren Detailreichtum in sich aufzunehmen. Doch wer dem Charme dieses Gotteshauses einmal erlegen ist, den lässt seine Geschichte nicht mehr los.

Sechs lange Jahre der Sanierung liegen hinter der Datteröder Kirche; eine mindestens sechsstellige Summe haben die Arbeiten, die vor rund zwei Jahren abgeschlossen worden sind, verschlungen. Architekten und Handwerker haben es verstanden, die wertvollen Wandarbeiten in den Mittelpunkt zu rücken. Dazu kommen der Mut und die Tatkraft der Menschen aus der Kirchengemeinde, die unendlich viele Stunden ehrenamtlicher Arbeit investiert haben.

Stephanie Schmitt oblag einst die restauratorische Fachaufsicht über die Sanierung der Wandmalereien. Erst in der vergangenen Woche hat sie sich gemeinsam mit Heidi Führer, Vorsitzende des Kirchenvorstands, und Pfarrerin Mareile Preuschhof von dem wieder einwandfreien Zustand der überaus wertvollen Arbeiten aus dem 15. Jahrhundert überzeugt.

„Die Wandmalereien waren zu Beginn unserer Tätigkeit nicht nur stark übermalt, sondern noch dazu in den 1960er-Jahren mit einem Überzug aus Kasein, einem organischen Bindemittel, versehen worden und zuletzt zu regelrechten Schmutzfängern verkommen“, erklärt Stephanie Schmitt. Teilweise mit Wattestäbchen sei die Kasein-Schicht abgetragen, Stellen mit größter Vorsicht ausgebessert und schließlich die originalen Farben des 15. Jahrhunderts wieder zum Vorschein gebracht worden.

„Zu entdecken“, sagt Heidi Führer, die auf Anfrage ausführliche Kirchenführungen in Datterode anbietet, „gibt es neben den Darstellungen der Nothelfer und einer detailreichen Bebänderung Szenen des Neuen Testaments.“ Des Schreibens und Lesens nicht mächtig gewesen seien die Gottesdienstbesucher in der Entstehungszeit der Kirche, erklärt Heidi Führer – und so habe der Pfarrer die Fresken bei umherziehenden Malern in Auftrag gegeben. „Wer die Darstellungen verstehen will, muss sich zurückversetzen in die Zeit vor 500 Jahren“, sagt Heidi Führer mit einem Lächeln.

Kirche Datterode

• Wer die einzigartige Datteröder Kirche selbst entdecken will, hat schon am kommenden Sonntag, 2. Dezember, beste Gelegenheit dazu: In einem Festgottesdienst werden der neue Altar und das Lesepult eingeweiht. Los geht es um 10 Uhr.

„Kommt her zu mir“: Eine kurze Chronik des Datteröder Gotteshauses

Nur wenige Landkirchen in Nordhessen vermögen es, eine so deutliche Vorstellung eines spätmittelalterlichen Gotteshauses zu vermitteln wie die in Datterode. Eine Kurzchronik:

1188 wird die Kirche zu Datterode das erste Mal erwähnt. Der wohl älteste Teil des Gotteshauses ist der als Wehrturm errichtete, mächtige Kirchturm. Dieser ist mittlerweile vollständig saniert: Beispielsweise sind neue Geschosse aus Holz und eine Treppe eingebaut worden. Eine Wetterfahne mit der Inschrift „Kommt her zu mir“ schmückt das imposante, 20,5 Meter hohe Bauwerk.

1353 wird in den Chroniken zum ersten Mal von einem Pfarrer in Datterode berichtet. Das Kirchenschiff ist romanischen Ursprungs; der Chorraum wiederum spätgotisch und aus großen Steinformaten gebaut. 1750 – aus dieser Zeit stammt die barocke Dorfkirchenorgel. Das Langhaus der Kirche hat Emporen an der Nord- und Westwand. Die Orgelempore ist weit in den Raum gezogen.

1962 wird der jetzige Zugang zum Kirchenschiff angelegt. Gleichzeitig wird das im westlichen Teil der Südwand gelegene Portal zugesetzt. Bis 1962 befindet sich um den erhöht aufgebauten Altar auch noch die Bestuhlung in hölzernen Verschlägen, die nur dem Kirchenvorstand vorbehalten war. Davor saßen durch Holzgitter oder -tür getrennt die Konfirmanden.

Kirche Datterode

2016 wird die Restaurierung der Fresken abgeschlossen. Danach werden die freien Wände und die Empore gestrichen und die Orgel aus dem 18. Jahrhundert, die für die Zeit der Sanierung weichen musste, wieder eingebaut. Die Bestuhlung ist durch Kirchenbankstühle ersetzt worden, um immer wieder neue Möglichkeiten der Gottesdienstgestaltung zu haben.
• Die Renovierung war nur möglich durch Spenden aus der Gemeinde. Noch immer ist jeder Euro willkommen und fließt ausschließlich in die Erhaltung der Kirche, zum Beispiel in den Kauf weiterer Stühle.
Kontakt: Evangelisches Pfarramt, Telefon 0 56 58/240; E-Mail: pfarramt.datterode-roehrda@ekkw.de (esp)

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