1. Werra-Rundschau
  2. Lokales
  3. Waldkappel

Fachtagung zum Wolf in Waldkappel: Betroffene beschließen Positionspapier

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Stefanie Salzmann

Kommentare

Einig in ihren Forderungen: Die rund 170 Teilnehmer der Fachtagung „Wolf in Nordhessen“, die am Samstag auf Einladung von Christoph Dippel und dem Eschweger Jagdverein in Waldkappel stattfand.
Einig in ihren Forderungen: Die rund 170 Teilnehmer der Fachtagung „Wolf in Nordhessen“, die am Samstag auf Einladung von Christoph Dippel und dem Eschweger Jagdverein in Waldkappel stattfand. © Stefanie Salzmann

Bei der Fachtagung „Forum Wolf in Nordhessen“ in Waldkappel haben sich die rund 170 Teilnehmer auf das gemeinsame Positionspapier „Der Wolf in der nordhessischen Kulturlandschaft“ verständigt.

Waldkappel – Mit großem Einvernehmen haben sich die rund 170 Teilnehmer der Fachtagung „Forum Wolf in Nordhessen“ am Samstag (25. März) in Waldkappel auf ein gemeinsames Positionspapier verständigt. Unter dem Titel „Der Wolf in der nordhessischen Kulturlandschaft“ wird in dem Papier zum einen die aktuelle Situation um die Rückkehr des Wolfes in der Region dargestellt, zum anderem werden klare und konkret die Region betreffende Forderungen an die Politik formuliert.

Dazu gehört, dass das Wolfsmonitoring praxisnäher werden müsse, indem statt teurer genetischer Untersuchungen auch phänotypische (augenscheinliche) Nachweismethoden ausreichen. Zum Schutz der Hüteschäferei, die unerlässlich für die hiesige Kulturlandschaft und ihre Artenvielfalt ist, sollen wolfsfreie Zonen eingerichtet werden. Die Möglichkeit aktiver Vergrämung von Wölfen wird ebenso gefordert wie die Beendigung der sogenannten Schalenwildrichtlinie des Landes Hessen, über die der massive Abschuss von Reh- und Rotwild verlangt wird. Außerdem soll die Bejagung von Muffelwild – der Tierart, die durch die Anwesenheit des Wolfes praktisch vom Aussterben bedroht ist – sofort eingestellt werden. Der Wolf soll in das Jagdrecht aufgenommen werden, eine Bestandsregulierung möglich sein.

Teilnehmer aus Politik und Wissenschaft

Organisiert hatte die Fachtagung der Jagdpächter Christoph Dippel aus Hasselbach gemeinsam mit dem Jagdverein Hubertus Eschwege. „Wir wollen zeigen, wie man sich organisiert und einen Auftrag an die Politik gibt“, sagte Dippel zum Auftakt der Veranstaltung. Geladen waren Interessengruppen wie Jagdpächter, Weidetierhalter, Verbände und Institutionen, die direkt durch die Anwesenheit und vor allem die stark wachsende Population des Wolfes betroffen sind. Gekommen waren neben Landrätin Nicole Rathgeber als Schirmherrin der Veranstaltung auch die Landtagsabgeordneten Knut John (SPD), Lena Arnoldt (CDU), Wiebke Knell (FDP), Gerhard Schenk (AfD) und Hans-Jürgen Müller (Bü90/ Die Grünen). Lena Arnoldt versprach den Akteuren des Forums einen persönlichen Gesprächstermin beim hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein.

Doch das „Forum Wolf“ hatte am Samstag (25. März) nicht nur Betroffene geladen, sondern mit M.Sc Laura-Marie Ketzmerick und M.Sc. Elina Jarmer auch wissenschaftliche Expertise von der Dozentur für Wildökologie und Jagdwirtschaft der TU Dresden . Aus wildbiologischer Sicht hat der Wolf einen günstigen Erhaltungszustand erreicht. Die Hoffnungen, dass der Wolf als Retter der Biodiversität die Jagd obsolet machen würde, konnten bisher nicht bestätigt werden. Teilweise kann es zur Bildung größerer Rotwildrudel kommen oder auch zu einem heimlicheren Verhalten der Schalenwildarten. Auch die Beteiligung des Wolfes im Drückjagdgeschehen kann das Jagdmanagement erschweren. Zu den Folgen der Rückkehr und der Ausbreitung des Wolfes in Deutschland führten die Wissenschaftlerinnen an, dass viele Studien aus großen Wildnisgebieten stammen würden und damit nur schwer auf die deutsche Kulturlandschaft übertragbar seien.

Zur Gefahr von Wolfsangriffen auf Menschen meinten die Wissenschaftlerinnen, dass diese zwar im Moment sehr gering seien, aber „niemals gleich null“. Sie zeigten zudem Monitoring- und Managementkonzepte einfache rechtliche Mechanismen auf, mit dem ein in Deutschland sinnvolles Bestandsmanagement des Wolfes möglich sein könnnte.

Keine Waldtage für Kitakinder, gestresstes Wild und drohende EU-Strafen

Die Auswirkungen der stark angewachsenen Wolfspopulation im Werra-Meißner-Kreis schilderten Betroffene auf der Fachtagung des Forums. Carina Schmidt, Leiterin des Kindergartens in Bischhausen, berichtete davon, dass die Einrichtung derzeit auf die wöchentlichen Waldtage aufgrund der zahlreichen Wolfssichtungen um Waldkappel verzichte. „Das war keine leichte Entscheidung, aber wir haben eine Verantwortung und müssen die Sorgen der Eltern ernst nehmen.“

Frieder Beyer, Hüteschäfer und Mitglied der AG Wolf, sagte, dass es nie eine Koexistenz zwischen dem Großraubtier Wolf und den potenziellen Beutetieren gegeben habe. „Diese Art der Weidetierhaltung, wie wir sie heute in unserer Kulturlandschaft kennen, ist erst durch das Verschwinden des Wolfs im 19. Jahrhundert möglich geworden.“ Die Fördersituation beim Wolfsschutz in Hessen sowie der Umgang mit Weidetierhaltern führe dazu, dass immer mehr Kleinschafhalter ihre Betriebe aufgeben. Auch sei Nordhessen nicht mit Ländern wie Brandenburg zu vergleichen, wo beispielsweise großräumige Zäunungen möglich seien. „Das gibt die Topografie des Mittelgebirges einfach nicht her.“ Von einer Lösung sei die hessische Landesregierung weit entfernt.

Wolf mit Folgen: seine Rückkehr beeinflusst das Leben in der Region auf vielfältige Weise.
Wolf mit Folgen: seine Rückkehr beeinflusst das Leben in der Region auf vielfältige Weise. © Carolin Eberth

Der Vorsitzende des Rotwildrings Meißner-Kaufunger Wald und Tierarzt Ernst Wilhelm Kalden sagte: „Das Rotwild steht unter enormen Stress.“ Zugleich kritisierte er, dass kranke oder im Verkehr verletzte Wölfe nicht wie andere Wildtiere ohne vorheriges Einschalten von Behörden durch Jäger von ihren Leiden erlöst werden können. „Es ist ein Wahnsinn, dass Tiere in Notsituationen im Stich gelassen werden.“

Marco Lenarduzzi, unter anderem Leiter des Geo-Naturparkes Frau Holle-Land, stellte die Folgen der hohen Wolfspopulation im Werra-Meißner-Kreis auf die Artenvielfalt in der Region dar, und dass der präferierte Schutz des Wolfes zahlreiche Tierarten gefährde, die einen ebenso hohen und strengen Schutzstatus wie der Wolf haben. Zugleich würden der Region Strafzahlungen der Europäischen Union in Millionenhöhe drohen, würde sie ihren Auflagen beim Naturschutz langfristig nicht nachkommen. (Stefanie Salzmann)

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion