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Erste Jagdpächter wollen Pacht reduzieren

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Von: Stefanie Salzmann

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Sieht sein Revier durch den Wolf entwertet: Hasselbachs Jagdpächter Christoph Dippel.
Sieht sein Revier durch den Wolf entwertet: Hasselbachs Jagdpächter Christoph Dippel. © STEFANIE SALZMANN

Die ersten Jagdpächter wollen nun ihre Pacht reduzieren – Die Kommunen sind in Sorge.

Hasselbach – Die stetig wachsende Wolfspopulation in der Region wird sich über kurz oder lang auf das Gemeinwesen auswirken. Denn die Jagdgenossenschaften werden aufgrund rückläufiger Pachterträge ihr Engagement in den Kommunen zurückfahren. Grund ist, dass durch die Anwesenheit einiger Wolfsrudel die Jagdreviere entwertet werden und die Pächter nicht mehr bereits sind, hohe Pachtsummen zu zahlen.

Denn die Jagdgenossenschaften – das ist der Zusammenschluss der Flächeneigentümer – investieren die jährlichen Einnahmen aus der Pacht in aller Regel in viele gemeinnützige Zwecke. Dazu gehören Wegebau- und Pflege, die Friedhofspflege und Unterstützung für Kindergärten und Vereine, aber auch die Kitzrettung bei der Mahd im Frühsommer.

Kommunen in Sorge

„Wenn die Jagdgenossenschaften ihr Engagement zurückfahren oder einstellen, werden wir als Kommune ein echtes Problem bekommen“, weiß auch Frank Koch, Bürgermeister von Waldkappel – mit dem Stölzinger Gebirge und den Ausläufern des Hohen Meißner eines der Kerngebiete des Wolfes im Werra-Meißner-Kreis. „Wenn die Jagdgenossen das alles nicht mehr machen, sehen wir alt aus. Wir als Stadt können das nicht leisten.“

Pachten im Sinkflug

Doch die Pachten für die Jagdreviere in der Region sind im Sinkflug – vor allem dort, wo der Wolf angekommen ist. Einen ersten bekannten Fall dafür, dass Jagdpächter ihre Pachten reduzieren wollen, gibt es. Christoph Dippel und Werner Weber, seit vielen Jahren Pächter des 280 Hektar großen Jagdrevieres Hasselbach, deren aktueller Pachtvertrag bis 2037 läuft, haben bei ihrer Jagdgenossenschaft den Antrag auf Reduzierung der Pacht gestellt. „Wir wollen keine Preise mehr wie vor fünf Jahren zahlen“, sagt Christoph Dippel. Dem Antrag hat der Vorstand der örtlichen Jagdgenossenschaft bereits zugestimmt, die Genossenschaft muss noch entscheiden.

„Uns kostet die Jagd mit allen drum und dran jedes Jahr eine fünfstellige Summe, die wir bisher auch bereit waren, zu zahlen“, sagt Dippel. „Aber inzwischen sind Muffelwild und Rotwild nahezu weg. Die Strecken gehen in den letzten Jahren gen null“, sagt er.

Strecke macht hingegen die Straße. Durch die Inbetriebnahme der A 44 hat die Zahl der Wildunfälle entlang der Bundesstraße 27 extrem zugenommen. Zwischen Harmuthsachsen und Hasselbach gab es in diesem Jahr allein um die 30 Wildunfälle, bei denen die jeweiligen Jagdpächter hinzugerufen wurden, um die Tiere zu erlösen und zu bergen.

Kreis ist betroffen

Die sinkenden Pachteinnahmen der Jagdgenossenschaften werden auch die Finanzen des Landkreises treffen. Vor zwei Jahren lehnte es der Kreistag ab, die Jagdsteuer zu reduzieren beziehungsweise abzuschaffen, seinerzeit mit der Begründung, auf diese 90 000 Euro im Kreishaushalt nicht verzichten zu können. „Doch niedrigere Pachten bedeuten auch eine Verringerung der Jagdsteuereinnahmen für den Kreis.“, sagt Christoph Dippel.

Streng geschützt wächst die Wolfspopulation auch im Werra-Meißner-Kreis stetig. Das hat Auswirkungen auf Wildbestände und damit den Wert von Jagdrevieren. Die Pachteinnahmen der Jagdgenossenschaften sinken und damit geht auch deren soziales Engagement zurück.
Streng geschützt wächst die Wolfspopulation auch im Werra-Meißner-Kreis stetig. Das hat Auswirkungen auf Wildbestände und damit den Wert von Jagdrevieren. Die Pachteinnahmen der Jagdgenossenschaften sinken und damit geht auch deren soziales Engagement zurück. © Armin Weigel/dpa

Wolf versus Tourismus

Und ein weiteres Glied in der Kette schließt sich an. So erhält Waldkappels Wander- und Wegebeauftragter Alexander Frank beinahe täglich Anrufe von Wanderern, die sich besorgt erkundigen, ob beispielsweise der Premiumwanderweg 17 noch sicher vor dem Wolf zu begehen ist.

Doch neben der Sorge der Wanderer, die Christoph Dippel übrigens nicht teilt – seiner Ansicht nach sei es unwahrscheinlich, dass Wölfe Menschen angreifen – gibt es auch die Sorge um die Artenvielfalt. „Wir liegen im Herzen des Werra-Meißner-Kreises und eigentlich müsste hier eine große Artenvielfalt herrschen.“ Aber diese Vielfalt sterbe wegen „der Ideologie von Minderheiten“ aus.

Und mit dem strengen Schutz des Wolfes und dessen massiver Ausbreitung sei man bereits jetzt an einem Punkt, an dem die Entwicklung der Wildbestände schon nicht mehr umkehrbar sei. „Für einige Wildarten dürfte es jetzt schon zu spät sein. Für den Wolf wird deren Untergang in Kauf genommen“, sagt Dippel.

Krisentreffen

Dippel will für nächstes Jahr ein Krisentreffen mit den Köpfen des Bauernverbandes, der beiden Jagdverbände Eschwege und Witzenhausen und den Landtagsabgeordneten. „Der Werra-Meißner-Kreis ist eine der hessischen Regionen, die am stärksten von der Rückkehr des Wolfes betroffen sind – und deshalb darf die Politik nicht am Limes aufhören“, sagt Waldkappels Bürgermeister. (Stefanie Salzmann)

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