1. Werra-Rundschau
  2. Lokales
  3. Waldkappel

Erkrankte oder angefahrene Wölfe dürfen nicht getötet werden

Erstellt:

Von: Stefanie Salzmann

Kommentare

Fuchs mit Räude: Ist ein Tier so erkrankt, sind Jäger verpflichtet, sie von ihrem Leiden zu erlösen. Für alle Tiere, die unter Naturschutz stehen, dazu gehört auch der Wolf, gilt diese Regel nicht.
Fuchs mit Räude: Ist ein Tier so erkrankt, sind Jäger verpflichtet, sie von ihrem Leiden zu erlösen. Für alle Tiere, die unter Naturschutz stehen, dazu gehört auch der Wolf, gilt diese Regel nicht. © Foto: Chromeorange

Am vorigen Wochenende wurde ein Video von einem schwer an Räude erkrankten Wolf bei Sontra aufgenommen. Über mehrere Minuten ist zu sehen, wie das Tier, dessen Schwanz bereits durch die Krankheit beinahe kahl ist, sich immer wieder in seine eigenen Läufe sowie Nacken und Rücken beißt.

Waldkappel – Ob todkrank oder im Straßenverkehr schwer verletzt, dürfen Wölfe aufgrund ihres strengen Schutzstatus’ nicht ohne Weiteres von ihren Leiden erlöst werden. Bei Füchsen und Waschbären sind Jäger verpflichtet, kranke Tieren aus Gründen des Tierwohles und -schutzes sofort zu entnehmen.

Das Video hat der Leiter des Hegerings Waldkappel, Carl-Heinz Eberth, jetzt an das Hessische Wolfszentrum (WHZ) weitergeleitet und dort um eine Einschätzung gebeten. Dazu sagt Susanne Jokisch; Wolfsbeauftragte beim WHZ auf Anfrage unserer Zeitung: „Bei Wölfen haben wir das Phänomen, dass die Krankheit – vorausgesetzt die Tiere haben ein gutes Immunsystem – gut ausheilt.“ Dafür gebe es zahlreiche Beispiele aus anderen Bundesländern, wo der Verlauf der Krankheit bei einzelnen Tieren aufgrund eines intensiven Fotomonitorings gut verfolgbar gewesen sei. Natürlich würden nicht alle Wölfe die Räude überleben. Zur Ansteckung anderer Tiere, sagte Jokisch, dass „nicht automatisch jedes im Rudel lebende Tier angesteckt werden muss“. „Die Räude ist nicht so eine grauenhafte Seuche, dass sie den Wolfsbestand gefährdet.“

Als erfahrener Jäger hat Eberth dazu eine andere Position: Die vielen räudekranken Füchse, die er in seinem Revier habe erlegen müssen, seien alle schwer krank gewesen. Zum Sterben zögen sie sich fast immer in die Nähe der Menschen zurück. „Immer wieder musste ich solche todkranken Füchse in Garagen, Ställen oder landwirtschaftlichen Anwesen erlösen“, sagt Eberth.

Dass Wölfe unter der Räude nicht weniger leiden, als beispielsweise Füchse bestätigt der Tierarzt und Wolfsexperte Dr. Michael Weiler. Das HLNUG bleibe bisher jeden wissenschaftlichen Beleg schuldig, dass die Krankheit bei Wölfen anderes oder leichter verlaufe. „Ohne Therapie ist die Räude mit einem langen Verlauf, langen Leiden und letztendlich dem Tod verbunden“, sagt der Tierarzt. Die gleiche Frage stellt sich, wenn ein Wolf im Straßenverkehr schwer verletzt wird. Anders als bei Wildtieren, die dem Jagdgesetz unterliegen, dürfen Jäger einen verletzten Wolf nicht töten, um ihn von seinem Leiden zu erlösen. Laut einem Leitfaden im hessischen Wolfsmanagementplan müssen Polizei sowie das Wolfszentrum informiert werden. Wird ein Tierarzt hinzugerufen, darf auch dieser den Wolf nicht erlösen. Erst ein Wolfsbeauftragter der Oberen Naturschutzbehörde darf die Tötung veranlassen. „Das, so Weiler, „widerspricht jedem Tierschutzgedanken.“

Befall durch Grabmilbe 

Die Räude ist eine durch den Parasiten Grabmilbe verursachte Krankheit. Die männlichen Milben leben auf der Hautoberfläche oder in flachen Tunneln, die weibliche Milben legen Bohrgänge unter der Haut an, in denen sie ihre Eier ablegen. Befallen werden Füchse, Wölfe, Hunde und marderartige Tiere. Eine andere Unterart der Milbe befällt auch Rot- und Rehwild. Beim Befall treten erste Hautveränderungen durch Pustel- und Schuppenbildung im Kopfbereich auf und anschließend breiten sich die Milben über die gesamte Körperoberfläche aus. Es kommt zu Haarausfall, Borkenbildung und durch verstärktes Kratzen, verursacht durch Juckreiz, zur Krustenbildung. Auf der geschädigten Haut, gekennzeichnet durch starke Borkenbildung, kommt es zu Sekundärinfektionen mit Eiterherden. Hochgradig räudige Tiere sind kaum in der Lage ausreichend Futter zu suchen oder zu jagen und magern in Folge sehr schnell ab und verenden letztlich.

Von Stefanie Salzmann

Beißt sich in eigenen Nacken: der Wolf hat Räude. Das mehrminütige Video wurde bei Sontra aufgenommen.
Beißt sich in eigenen Nacken: der Wolf hat Räude. Das mehrminütige Video wurde bei Sontra aufgenommen. © Video: privat

Auch interessant

Kommentare