Duo begeistert 100 Zuhörer bei Wunschkonzert in der Wanfrieder Stadtkirche

Wanfried – Was hat „Das Phantom der Oper“ mit der Titelmelodie von „Vom Winde verweht“, dem Song „I am Sailing“ von Rod Stewart und „Tage wie diese“ von den Toten Hosen gemeinsam? Sie lassen sich auf der Orgel alle um das gleiche, mit der linken Hand gespielte, Rhythmuselement herumflechten.
Der Organist Bernhard Brandt-Hofmeister von Klangerlebnis-Orgel zeigte den gut 100 Zuhörern in der Wanfrieder Stadtkirche beim Neujahrs-Wunschkonzert, wie man die verschiedenen Musikrichtungen in der Improvisation auf den Tasten miteinander verweben kann.
Auch „Running up that Hill“ von Kate Bush klang aus seinen Händen, die rasend über die Tasten flitzten, ganz anders. Da ließ er die Orgel zuerst mit einem dunklen Brummen warmlaufen, um dann dramatisch die Bass-Pfeifen aufröhren zu lassen. Ganz leicht hüpften derweil die hohen Töne auf und ab, tanzten, trillerten, jubilierten, um sich dann allesamt auf dem Höhepunkt zu einer schwebenden Melodie abzusenken.
Für die Zuhörer hieß es, die Augen zu schließen und diesen fulminanten Klangteppich auf sich wirken zu lassen. Oder die Melodien zu erraten. So auch bei Orgel-Ausbilder Evert Groen, dessen Fuge verdächtig nach „Thank you for he music“ von Abba klang und nahtlos in die Toccata von Bach überging.
40 Wunsch-Titel aus allen denkbaren Genres
40 Wunsch-Titel aus allen denkbaren Genres galt es für die beiden Musiker abzuarbeiten, auch solche, die in letzter Minute noch geäußert wurden. „Vom Blatt spielen kann jeder“, sagte Evert Groen. Die Organisten aber wollten aus der Musik etwas Besonderes machen. Improvisieren ist auf der Orgel die eigentliche Kunst. Deshalb ließen sie die Noten gleich ganz weg, spielten nur aus dem Gedächtnis oder nach Gehör. „Das Lied kenne ich gar nicht, ich habe es nur Mal im Radio gehört“, gab Evert Groen bei einem bekannten Schlager zu. Aber ihm reichte eine Sequenz, um daraus eine Improvisation zu entwickeln, in der sich die Melodien umeinander schlängelten, wanden und miteinander verstrickten. Beim Star- Wars-Medley, in dem sich auch „Coconut woman“ von Harry Belafonte und „Stairway to heaven“ versteckten, gab Bernhard Brandt-Hofmeister noch mal alles. Zehn Finger schienen da gar nicht auszureichen, alle 2000 Pfeifen der Orgel wurden durchgeblasen, auch die, die schon lange nicht mehr im Einsatz waren und erst überredet werden mussten. Für die Zuhörer ein ungewöhnliches Hörerlebnis, das sie begeisterte.
„Außergewöhnlich und unerwartet“, freuten sich Heike Kuder aus Eschwege und Christiane Schneider aus Grebendorf. „Die beiden rocken wahrlich die Orgel.“ Auch Birgit und Ulrich Bevern aus Eschwege hatten Spaß. „Ich spiele auch“, sagte die Ehefrau. „Aber so etwas kann ich nicht. Da hört man das Herzblut, mit dem sie spielen. Toll, dass sie so flexibel sein können, da gehört auch Mut dazu.“ Auf der Leinwand wurde das Spiel von der Orgelempore ins Kirchenschiff übertragen. So konnten alle zugucken.
Martina und Rolf Dilchert aus Wichmannshausen hatten sich ihre Karten noch im letzten Moment geholt. „Es ist beeindruckend, wie die Finger über die Tasten fliegen und sie diese Stücke so schnell im Kopf zusammenschneiden“, sagten sie. Ganz am Ende holte Bernhard Brandt-Hofmeister noch mal alles aus dem Instrument heraus mit einem furiosen „Musik was my first love“ und schickte das beschwingte Publikum ins Jahr 2023. Moderiert wurde der Abend von Wolf-Arthur Kalden für den Förderverein Stadtkirche zu Wanfried.
Von Kristin Weber
