Wie lange bis zur Rente? Wie lange Deutsche im Vergleich zu anderen Ländern arbeiten
Es sorgt in Deutschland immer wieder für Diskussionen: das Renteneintrittsalter. Viele Bürger lehnen eine Erhöhung auf 70 Jahre ab. Wie läuft das im restlichen Europa?
In Deutschland hängt das Renteneintrittsalter vom Geburtsjahr und der Zahl der Versicherungsjahre ab. Wer vor 1953 geboren ist und 45 Beitragsjahre vorweisen kann, darf ohne Abschläge mit 63 in Rente gehen. Da das Rentenalter aber jährlich um zwei Monate angehoben wird, gibt es für Jahrgänge ab 1964 erst mit 65 eine abschlagsfreie Rente. Bis 2024 steigt die Regelaltersgrenze schrittweise auf 66 Jahre und bis 2031 auf 67 Jahre. Aber nicht nur das: Erneut steht die Rente ab 70 zur Debatte.
Wo liegt das Renteneintrittsalter in anderen Ländern Europas?
„Schaut man sich die demografische Entwicklung und die Belastungen der Sozial- und Rentenkassen an, dann sind die Reserven aufgebraucht. Wir werden länger und mehr arbeiten müssen“, meint Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, gegenüber der Funke Mediengruppe. Widerspruch gibt es aber von Gewerkschaften und Politik – Bundesarbeitsminister Hubertus Heil erklärte im Mai: „Wir haben in der Koalition vereinbart, dass wir das gesetzliche Renteneintrittsalter nicht erhöhen. Und daran wird sich nichts ändern.“

Wenn es nach der Ampel-Koalition geht, bleibt es also beim aktuellen Rentensystem. Die neuerliche Debatte wirft allerdings die Frage auf, wie lange deutsche Arbeitnehmer im Vergleich zu denen aus anderen europäischen Staaten arbeiten müssen. Eine Analyse der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeigt: Nur in Island (67 Jahre), Norwegen (67 Jahre), in den Niederlanden (66,3 Jahre), im Vereinigten Königreich (66 Jahre) und in Irland (66 Jahre) arbeiten Menschen länger als in Deutschland (65,7 Jahre). In der Realität scheiden Arbeitnehmer aber schon früher aus dem Arbeitsleben aus: In der Bundesrepublik gingen Männer im Jahr 2020 im Durchschnitt mit 63,1 Jahren in Rente, Frauen mit 63,2 Jahren.
Land | Gesetzliches Renteneintrittsalter | Tatsächliches Renteneintrittsalter (Männer/Frauen) |
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Island | 67 Jahre | 66/63,5 Jahre |
Norwegen | 67 Jahre | 64,9/63,1 Jahre |
Niederlande | 66,3 Jahre | 63,9/62,8 Jahre |
Vereinigtes Königreich | 66 Jahre | 63,7/63,2 Jahre |
Irland | 66 Jahre | 63,6/63,8 Jahre |
Deutschland | 65,7 Jahre | 63,1/63,2 Jahre |
Dänemark | 65,5 Jahre | 63,8/63,5 Jahre |
Portugal | 65,3 Jahre | 64,9/63,3 Jahre |
Schweden | 65 Jahre | 65,8/64,9 Jahre |
Schweiz | 65 Jahre | 65,4/64,1 Jahre |
Finnland | 65 Jahre | 63/63,6 Jahre |
Polen | 65 Jahre | 62,2/60,1 Jahre |
Österreich | 65 Jahre | 62/60,7 Jahre |
Spanien | 65 Jahre | 61/60,4 Jahre |
Belgien | 65 Jahre | 60,9/60,1 Jahre |
Ungarn | 64,5 Jahre | 62,1/59,7 Jahre |
Frankreich | 64,5 Jahre | 60,4/60,9 Jahre |
Litauen | 64 Jahre | 63,4/63 Jahre |
Lettland | 63,8 Jahre | 66,3/64,5 Jahre |
Estland | 63,8 Jahre | 64,1/65,4 Jahre |
Tschechien | 63,7 Jahre | 63,1/61,5 Jahre |
Slowakei | 62,8 Jahre | 60,2/59,8 Jahre |
Italien | 62 Jahre | 62,3/61,3 Jahre |
Luxemburg | 62 Jahre | 59,2/60,1 Jahre |
Slowenien | 62 Jahre | 61,5/60,5 Jahre |
Griechenland | 62 Jahre | 60,9/58,1 Jahre |
Türkei | 52 Jahre | 60,7/59,3 Jahre |
*Das tatsächliche Erwerbsaustrittsalter wird für den Fünfjahreszeitraum 2015-20 angegeben. Das gesetzliche Renteneintrittsalter – abhängig von Faktoren wie Beitragszeiten oder Beschäftigungssektor – wird für Personen angegeben, die im Alter von 22 Jahren in den Arbeitsmarkt eingestiegen sind und im Jahr 2020 nach einer ununterbrochenen beruflichen Laufbahn in Rente gegangen sind. Quelle: OECD
Die demografische Entwicklung macht aber auch vor anderen Ländern nicht halt: Während die Menschen immer älter werden, schrumpft die Zahl derer im erwerbsfähigen Alter. Darum planen einige Staaten, das Renteneintrittsalter in den kommenden Jahrzehnten anzuheben. In Dänemark sollen Arbeitnehmer nach einer schrittweisen Steigerung in Zukunft statt mit 65,5 Jahren erst mit 74 Jahren in den Ruhestand gehen dürfen. Italien plant eine Steigerung des Renteneintrittsalters von 62 Jahren auf 69 Jahren. Ähnlich ist es bei den Niederlanden: Hier müssen Arbeitnehmer bald ebenfalls bis 69 Jahren arbeiten statt bis 66,3 Jahre. In der Türkei dürfen Männer in Zukunft erst mit 65 Jahren in Rente statt mit 52 Jahren und Frauen mit 63 Jahren statt 49 Jahren.
In und außerhalb Europas: Wann gehen Arbeitnehmer wirklich in Rente?
Bezüglich des gesetzlichen Renteneintrittsalters liegt der Durchschnitt aller OECD-Länder, also inklusiver aller nicht-europäischen Staaten, bei 64,2 Jahren. In der Realität zeigt sich aber, dass in manchen Ländern – wie in Lettland, Estland oder in der Türkei – länger gearbeitet wird, als geregelt, während in anderen Ländern die Arbeit schon vor der Regelaltersgrenze niedergelegt wird. Männer arbeiten im OECD-Schnitt bis zum Alter von 63,8 Jahren und Frauen zum Alter von 62,4 Jahren. Das niedrigste effektive Erwerbsaustrittsalter haben Männer in Luxemburg – sie gehen im Schnitt mit 59,2 Jahren in Rente. Am längsten arbeiten hingegen Männer (66,2 Jahre) und Frauen (66,7 Jahre) in Japan. Danach folgen Männer in Neuseeland mit 66,2 Jahren.
Die Deutschen müssen nicht nur länger arbeiten, sondern beziehen auch eine geringere Rente als ihre Nachbarn. Wie hoch die deutsche Rente im europäischen Vergleich ausfällt, zeigt unsere Renten-Tabelle.