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Mitarbeiter wird gefeuert, weil er Webcam nicht anschalten will - Gericht spricht ihm 75.000 Euro zu

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Von: Sina Alonso Garcia

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Webcam
Ein Remote-Angestellter eines Softwareunternehmens weigerte sich, seine Kamera während eines Weiterbildungsprogramms einzuschalten - und wurde entlassen. (Symbolfoto) © Panthermedia/Imago

Weil er sich weigerte, seine Webcam während der Arbeit eingeschaltet zu lassen, wurde ein Angestellter eines US-Unternehmens gefeuert. Inzwischen wurde er für den Rauswurf entschädigt.

Diessen - Damit hätte er vermutlich nicht gerechnet: In den Niederlanden wurde ein Remote-Angestellter des US-Unternehmens Chetu gefeuert, weil er sich weigerte, während des Arbeitens die Kamera anzulassen. Wie NL Times berichtet, hatte der Niederländer bereits mehr als eineinhalb Jahre für die Softwarefirma gearbeitet, bevor er Ende August angewiesen wurde, an einem virtuellen Training teilzunehmen. Ihm wurde mitgeteilt, dass er während dieses Zeitraums den ganzen Arbeitstag über eingeloggt bleiben müsse, wobei die Bildschirmfreigabe eingeschaltet und seine Webcam aktiviert sei. Das Training wurde als „Corrective Action Programm“ bezeichnet.

Nachdem er die Einladung zum Trainingsprogramm bekommen hatte, wurde der Telemarketing-Mitarbeiter skeptisch - und schrieb eine E-Mail an die Firma. „Ich fühle mich nicht wohl dabei, neun Stunden am Tag von einer Kamera überwacht zu werden. Das ist ein Eingriff in meine Privatsphäre und ich fühle mich sehr unwohl. Sie können bereits alle Aktivitäten auf meinem Laptop überwachen und ich gebe meinen Bildschirm frei.“ Sein Einwand zog Konsequenzen nach sich: Nur wenige Tage später wurde er wegen „Arbeitsverweigerung“ und „Ungehorsam“ fristlos entlassen.

Gericht urteilt: Kündigung ist unverhältnismäßig

Der Mitarbeiter wollte seine Kündigung nicht so stehen lassen und reichte einige Wochen später Klage vor Gericht ein. Er war der festen Überzeugung, dass kein dringender Grund vorlag, der eine fristlose Entlassung rechtfertigen würde. Wie er betonte, sei die Kündigung unverhältnismäßig und die Aufforderung, seine Webcam eingeschaltet zu lassen, verstoße gegen die Datenschutzbestimmungen.

Dass die Kündigung nicht rechtsgültig war, konnte auch das Gericht bestätigen. „Der Arbeitgeber hat die Gründe für die Entlassung nicht deutlich genug dargelegt“, urteilte es. „Außerdem gab es weder Beweise für eine Arbeitsverweigerung noch eine angemessene Anweisung. Die Anweisung, die Kamera eingeschaltet zu lassen, verstößt gegen das Recht des Arbeitnehmers auf Achtung seines Privatlebens.“

Arbeitgeber argumentiert gegen Gericht - verliert jedoch den Rechtsstreit

Chetu argumentierte stattdessen, dass die Webcam nichts anderes sei, als wenn der Arbeitnehmer im Büro anwesend gewesen und von der Geschäftsführung beobachtet worden wäre. Das Bezirksgericht hielt es für unwahrscheinlich, dass Chetu beabsichtigte, die Webcam-Bilder zu speichern, und erklärte, der Datenschutz sei nicht die relevante Frage. Stattdessen argumentierte es mit dem Eingriff in die Privatsphäre des Klägers.

Insgesamt verurteilte das Gericht Chetu zu einer Summe von insgesamt 75.000 Euro, die das Unternehmen dem Mann zahlen muss. Darin enthalten sind das nicht gezahlte Gehalt, den Ausgleich für die unrechtmäßige Kündigung, Übergangsgeld sowie eine zusätzliche Entschädigung. Ebenfalls in der Summe enthalten sind Nachzahlungen für 23 nicht in Anspruch genommene Urlaubstage, die gesetzliche Urlaubsvergütung in Höhe von acht Prozent sowie eine zusätzliche Strafe für die Nichtvorlage einer Lohnabrechnung. Doch damit nicht genug: Chetu muss außerdem für die Gerichtskosten und die Anwaltskosten des Klägers sowie die Verzugszinsen aufkommen.

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