„Wie viele heilige drei Könige gab es?“ Reporterin geht mit dummen Fragen an Experten viral

Wenn Philomena Cunk Interviews führt, tut es fast weh, zuzuschauen. Renommierte Experten müssen sich unsäglichen Fragen stellen – und das Internet schmeißt sich weg.
Zwei Frauen sitzen sich auf Stühlen in einem dunkel eingerichteten Raum gegenüber. Eine von ihnen ist Philomena Cunk, eine Reporterin, die Historikerin Vanessa Harding interviewt. Es geht um die Pest, den „Schwarzen Tod“. „Wie lange muss man nicht zur Arbeit kommen, wenn man den Schwarzen Tod hat?“, fragt die Reporterin. „In etwa 70 Prozent der Fälle hätten Sie für immer frei“, sagt die Historikerin. „Ach so, schön!“ „Weil man tot wäre.“ „Oh.“
Interviews, die zum Schmunzeln bringen, führt Philomena Cunk nahezu ausschließlich. Sie stellt renommierten Experten in einem seriös wirkenden Setting absurde Fragen. Dass ihre Interviewpartner nicht vor Entsetzen aufspringen und den Raum verlassen, sondern sich Zeit nehmen, die Fragen ernsthaft und verständlich zu beantworten, macht die ganze Komik aus.
Philomena Cunk: Absurde Fragen bringen Publikum zum Lachen
Die Interviewclips postet auf TikTok und Co. auch die BBC – das Äquivalent zu unserer ARD. Begegnet man ihnen erstmals, wundert man sich wahrscheinlich, ob Interviews mit Fragen wie „Wie viele heilige drei Könige gab es?“ wirklich deren Ernst und journalistischer Anspruch sind. Die Antwort: Ja, solange es Satire ist.
Denn Philomena Cunk ist eine Rolle, gespielt von der Komikerin Diane Morgan. Die 47-Jährige schlüpft seit Jahren in die Rolle der Journalistin, die durch Geschichtsdokus führt. Mit hochgeschlossener Hemdbluse, dunklem Blazer, Lederschuhen und kritisch zusammengekniffenen Augen macht sie einen glaubwürdigen Eindruck – aber bringt durch naiv wirkende Fragen und stumpfe Kommentare ihr Publikum zum Lachen.
Ohne Experten, die dieses Spiel mitspielen, würde all das nicht funktionieren. Eingeladen sind Wissenschaftler etwa aus Oxford und von anderen renommierten Universitäten. Ob sie vorher wussten, worauf sie sich einließen, ist unklar. Mittlerweile sei aber bekannt, dass es sich um Comedy handle, sagte Morgan kürzlich in der US-Show „Late Night with Seth Meyers“. Doch die Befragten wüssten nicht, welche Fragen Cunk stelle und müssten versuchen, ernst zu bleiben. Manchmal würden sie in Gelächter ausbrechen und die Szene müsse erneut gefilmt werden. Denn es soll den Anschein erwecken, dass ein ernsthaftes Interview geführt wird.
„Reporterin“ Philomena Cunk bringt Experten ins Schwitzen
Einer der Experten, die sich dieser speziellen Art von Interview gestellt haben, ist Militärhistoriker Ashley Jackson. Philomena Cunk befragt ihn zu den Weltkriegen. „Warum hat man den Ersten Weltkrieg den Ersten Weltkrieg genannt? Das ist eine ziemlich pessimistische Bezifferung, nicht? Oder wussten sie schon, dass sie eine Reihe starten?“, will Cunk wissen. Während sie die makabre Frage stellt, macht Jackson den Eindruck, als müsse er sich zusammenreißen, ernst zu bleiben.
Dann erklärt er geduldig, dass zur Zeit des Krieges noch nicht nummeriert wurde, sondern er im englischsprachigen Raum „The Great War“ (dt.: Der große Krieg) genannt wurde. „Um die schiere Größe des Konflikts zu verdeutlichen“, fügt er hinzu. „Er wurde also ‚Der große Krieg‘ genannt, aber nicht, weil er großartig war“, resümiert Cunk clever.
„Cunk on Earth“
Ein neues Format mit Philomena Cunk gibt es seit Anfang 2023 auf Netflix zu sehen: In der Mockumentary-Reihe „Cunk on Earth“ geht sie in fünf Folgen der Geschichte der Menschheit auf den Grund.
Clips wie diese sind äußerst beliebt in den sozialen Netzwerken – jedenfalls unter denen, die durchschaut haben, dass es sich um Comedy handelt. Darstellerin Diane Morgan lese noch immer Twitter-Kommentare, die beklagen, wie unseriös und schlecht vorbereitet diese Journalistin sei, sagte sie bei Seth Meyers. Zugegeben, ein auf den ersten Blick seriös anmutendes Interview, das auch noch von der BBC veröffentlicht wird, als Comedy zu entlarven, braucht etwas Zeit. Doch einmal verstanden, lieben die Nutzer es und das spiegelt sich in ihren Kommentaren unter den Videos wider:
„Ein echtes Talent“: Fans feiern Philomena Cunk und ihre dummen Fragen
- „Ich liebe die Videos. Ihre monotone Stimme. Der emotionslose Ausdruck. Sie ist saukomisch.“
- „Ich kann nicht mehr!“
- „Man sieht in den Gesichtern der Experten, dass sie ihre Lebensentscheidungen hinterfragen.“
- „Oh mein Gott, sie ist ein Geschenk, ein echtes Talent.“
- „Philomena Cunk ist super, aber wie die Interviewgäste versuchen, die Fassung zu behalten, ist noch lobenswerter.“
Diane Morgan sagt, sie könne die Rolle der Philomena Cunk besonders glaubwürdig spielen, weil sie sich in ihr wiederfindet. Auch sie finde, wie ihrer Meinung nach die meisten Menschen, Geschichte langweilig. Philomena Cunk macht in ihren Dokumentationen keinen Hehl daraus, wenn ihr ein Thema zu dröge ist, sondern gähnt Experten auch mal ins Gesicht. Und sie hat sichtlich Spaß daran, ihre Interviewpartner mit Fragen zum Fremdschämen zu löchern: „Es ist schön, Leute in die Ecke zu drängen und sie leiden zu sehen.“