Feuer-Inferno in Russland: Häftlinge löschen Brände, weil Soldaten fehlen
In Sibirien wüten starke Waldbrände. Medienberichten zufolge werden die Behörden der Situation nicht Herr, da die Armee im Ukraine-Krieg im Einsatz ist.
Moskau – Sibirien gilt als einer der Lieblingsorte von Wladimir Putin. Der russische Präsident lässt sich für die Staatspresse gerne in Sibirien ablichten. Der Angriff auf die Ukraine könnte sich allerdings sogar bis nach Sibirien auswirken. Starke Waldbrände wüten im Norden Russlands: Mindestens 270.000 Hektar Waldfläche sollen in Sibirien dieses Jahr bereits in Flammen stehen. Das entspricht in etwa der Größenordnung des Saarlandes. Rund 4000 einzelne Brände müssen gelöscht werden.
Brände in Russland: Armee kann wegen Ukraine-Krieg wohl nicht bei Löscharbeiten helfen
Laut Medienberichten kommt Russland mit den Löscharbeiten jedoch nicht mehr hinterher, da ein Großteil der Armee im Ukraine-Krieg im Einsatz ist. Es sei üblich, dass Gouverneure bei großen Bränden Moskau um Unterstützung durch die Armee bitten. Dem Nachrichtensender n-tv zufolge, der sich auf einen Bericht des staatlichen Fernsehsenders NTW in Russland bezieht, sollen deshalb bereits Häftlinge und Wachpersonal aus Gefängnissen bei den Löscharbeiten in der Ortschaft Gromadsk helfen.

Amber Soja, Expertin für Waldbrände am Langley Research Center der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa, sagte dem US-Portal Axios, dass die Ressourcen zur Feuerbekämpfung, die schon vor dem Ukraine-Krieg knapp bemessen gewesen seien, noch weniger geworden seien. Wenn die allgemeine Bevölkerung von ‚Männern‘ und Feuerwehrleuten weg sei, so Soja außerdem, bedeutete dies, dass die Ressourcen zur Brandbekämpfung „stark eingeschränkt“ sind. Für die großen Brände würden oft Militärflugzeuge benötigt, auch um Satellitenbilder auszuwerten, äußerte die Klimaexpertin Jessica McCarty von der Miami University in Ohio gegenüber dem Radiosender CBC. Derzeit würden diese Anträge auf Unterstützung des Militärs nicht gestellt und es werde keine Ausrüstung geschickt. Man lasse die Brände einfach weiter brennen, so die Wissenschaftlerin.
Feuer in Russland: Armee fehlt wohl wegen Ukraine-Krieg bei Löscharbeiten
Im vergangenen Jahr war das russische Militär gegen die Brände im Einsatz, bestätigt Kirsten Thonicke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung gegenüber Spiegel Online. Es sei hingegen noch unsicher, ob die Armee nur aufgrund des Ukraine-Krieges nicht bei der Brandlöschung im Einsatz ist. Es könne auch andere Gründe geben: Zum Beispiel eine zu starke Rauchentwicklung und Sicherheitsprobleme für die Löschflugzeuge.
Laut Prof. Dr. Johann Georg Goldammer hingegen sei der Einsatz der russischen Armee bei Feuern in Sibirien generell selten. Der Leiter des Global Fire Monitoring Center am Max-Planck-Institut für Chemie an der Universität Freiburg sagte dem Fernsehsender n-tv, dass die Armee nur in Notlagen zum Einsatz gerufen werde. Zunächst seien die Forstverwaltung und das russische Katastrophenschutzministerium EMERCOM zuständig. Feuerwehren mit freiwilligen Feuerwehrleuten wie in Deutschland gebe es hingegen nicht in der Form. Insgesamt gäbe es nur rund 1,2 Millionen Feuerwehrleute, also nur etwas mehr als in Deutschland, berichtet der Experte. Das ist im Vergleich zu dem viel kleineren Land Deutschland wenig. Noch bewegten sich die Brände nach Ansicht von Prof. Goldammer im Rahmen. Wenn es weiter trocken bleibt, und der Regen ausbleibt, könnten sich die Brände jedoch ähnlich ausweiten wie im letzten Jahr.

Verheerende Waldbrände in Russland: Russische Feuerwehr ist unterbesetzt
Der Taiga-Nadelwald in Sibirien ist laut Experten insbesondere im Frühling für Brände anfällig. Schon in den vergangenen Jahren tobten in Sibirien verheerende Brände. Wissenschaftler nennen verschiedene Gründe für die Feuer: Zu den Brandursachen gehören Blitzeinschläge und Bauern, die ihre Felder abbrennen. Die Forscher beobachten aber auch Klimaveränderungen durch den menschengemachten Klimawandel: Eine dünnere Schneedecke, höhere Temperaturen sowie extreme Trockenheit und Winde sorgten laut der Umweltorganisation WWF in den vergangenen Jahren für die verheerenden Brände.
Von 2019 bis Juni 2020 brannte demnach in Sibirien bereits eine Fläche so groß wie Ungarn. Die Brände stoßen auch ungewöhnlich viel Emissionen in die Atmosphäre und können zudem dazu führen, dass der Permafrost langfristig abtaut. Auch in anderen Teilen der Welt, darunter in den USA und Australien gab es in den vergangenen Jahren immer wieder verheerende Buschfeuer. (df)