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Corona-Warnung: Italiens Regierungschef schimpft über Merkel-Mahnung - „Ich bin derjenige, der ...“

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Von: Luisa Billmayer

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In einem Interview hat Bundeskanzlerin Angela Merkel erstmals über den europäischen Umgang mit der Corona-Pandemie gesprochen. Per Video warnt sie die Bürger Deutschlands.

Trumps tiefe Abneigung gegenüber Merkel: Ex-Berater packt aus - und liefert gleich mehrere Erklärungen

Update vom 19. Juli 2020: Die Beziehung zwischen Angela Merkel und Donald Trump gilt als kühl und angespannt. Jetzt spricht Ex-Berater John Bolton über die Abneigung des amerikanischen Präsidenten gegenüber der Kanzlerin.

Update vom 27. Juni, 17.42 Uhr: Die Debatte über die Nutzung der von der EU geschaffenen Corona-Hilfsinstrumente spaltet die italienische Regierung. Die Fünf-Sterne-Bewegung möchte darauf zurückgreifen, aber ihr Koalitionspartner, die Demokratische Partei, spricht sich dagegen aus. 

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte nun in einem Interview mit der SZ (siehe Erstmeldung) darauf hingewiesen, dass die Europäischen Stabilitätsmechanismen (ESM) nicht aufgesetzt worden seien, „damit sie ungenutzt bleiben“. Ob ein Land die günstigen Darlehen des Staatenbunds aufnimmt, entscheidet die dortige Regierung natürlich souverän. 

In Italien hadert man, denn die Befürchtung steht im Raum, das Aufnehmen des Kredits würde als Zeichen massiver, finanzieller Probleme interpretiert. Das würde Spekulanten auf den Plan rufen.

Dass Angela Merkel* nun darauf drängt, die EU-Angebote vollumfänglich auszuschöpfen, geht Italiens Regierungschef Antonio Conte offensichtlich zu weit. In der aktuellen Wirtschaftskrisen will er sich keine Vorgaben machen lassen und stellt klar: „Ich bin derjenige, der die Bücher führt.“ Ein Sanierungsplan soll im September vorgelegt werden.

Merkel trifft am Montag Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron - auch bei dem Termin in Meseberg wird es um die Bewältigung der Corona-Krise gehen. Wenig Positives berichtet unterdessen Klimaaktivistin Greta Thunberg über eine Begegnung mit der Kanzlerin.

Corona-Warnung: Kanzlerin Merkel mit Videobotschaft - sie wählt drastische Worte

Erstmeldung vom 27. Juni, 12.10 Uhr: Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat erstmals seit der Corona-Pandemie ein Interview gegeben. Mit der Süddeutschen Zeitung sprach die Kanzlerin über den europäischen Umgang mit der Krise, die Bewältigung von Populismus und Nationalismus und über die Rolle Europas zwischen anderen internationalen Mächten.

Hinsichtlich der andauernden Corona-Krise, die laut Merkel vor allem Italien* und Spanien „wirtschaftlich, medizinisch und wegen der vielen Todesopfer* natürlich auch emotional“ stark belasten, führte die Kanzlerin an, dass Europa sich gegenseitig stützen müsse. Die letzten Herausforderungen - „internationale Finanzkrise, die Euro-Turbulenzen und die Flüchtlingsfrage“ - und auch die neue Situation durch das Corona-Virus zeigten, „dass Europa noch nicht ausreichend krisenresistent ist“, so Merkel im SZ-Interview.

„Europa ist noch nicht ausreichend krisenresistent“, sagte Merkel.
„Europa ist noch nicht ausreichend krisenresistent“, sagte Merkel. © dpa / Hannibal Hanschke

Coronavirus/Angela Merkel: Bundeskanzlerin spricht sich für ein solidarisches Europa aus

Auf die Frage, ob die Zukunft der Europäischen Union durch weitere Herausforderungen wie Klimawandel und Digitalisierung bedroht sei, wies die Kanzlerin die Existenzfrage ab und sagte: „Ich setze darauf, dass die Mitgliedsstaaten in einer so außergewöhnlichen Situation ein hohes Interesse an Gemeinsamkeiten haben.“

Die Durchsetzung gemeinsamer Interessen plant Merkel mithilfe eines europäischen Aufbaufonds für besonders stark betroffene Länder zu ermöglichen. „Die Mittel aus dem Fonds dienen dazu, dass wir helfen, dass wir solidarisch sind und sehen, dass die Länder unterschiedlich stark durch die Pandemie betroffen sind“, beschreibt die Bundeskanzlerin ihr Vorhaben. Die Unterstützung anderer EU-Staaten, die Angela Merkel zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron vorschlug, bezeichnet die Kanzlerin als „einen außergewöhnlichen Akt der Solidarität“.

Angela Merkel und Emmanuel Macron setzen sich gemeinsam für „einen außergewöhnlichen Akt der Solidarität“ ein.
Angela Merkel und Emmanuel Macron setzen sich gemeinsam für „einen außergewöhnlichen Akt der Solidarität“ ein. © dpa / Frederic Scheiber

Corona-Aufbaufond: Merkel zieht Zuschüssen Krediten vor

Dabei sprach sich Merkel für Zuschüsse und gegen Kredite aus: „Für Länder, die schon eine sehr hohe Gesamtverschuldung haben, sind zusätzliche Kredite weniger sinnvoll als Zuschüsse. Ich arbeite dafür, auch die Länder zu überzeugen, die bisher Krediten zustimmen, aber Zuschüsse ablehnen.“

Hinsichtlich der Kehrtwende vom deutschen Sparprogramm, im Zuge dessen eine schwarze Null angestrebt wurde, erklärte Merkel: „Deutschland hatte eine niedrige Verschuldungsrate und kann sich in dieser außergewöhnlichen Situation eine höhere Verschuldung gestatten.“ Von positive europäischen Entwicklungen profitierte auch Deutschland.

Zu anderen europäischen Stabilitätsmechanismus, die Italien nutzen könnte, sagte Merkel, dass das Land das selbst entscheide. „Wir haben die Instrumente geschaffen - durch die EIB, den ESM mit vorsorglichen Kreditlinien oder durch die Kurzarbeitsregelung SURE. Diese Instrumente kann jeder nutzen. Wir haben sie nicht zur Verfügung gestellt, damit sie ungenützt bleiben“, so die Kanzlerin im Interview.

Giuseppe Conte ging diese Aussage Merkels zu weit. Der italienische Regierungschef legte nahe, die Kanzlerin mische sich in heimische Politik ein. „Was den ESM angeht, hat sich nichts geändert“, sagte er am Freitagabend. Er respektiere Merkels Meinung. Aber für die Finanzen Italiens seien die Regierung in Rom und das Finanzministerium von Roberto Gualtieri zuständig.

Der italienische Regierungschef war Angela Merkel vor, sie mische sich in die italienische Politik ein.
Der italienische Regierungschef war Angela Merkel vor, sie mische sich in die italienische Politik ein. © dpa / Filippo Attili

Merkel sieht in China eine Herausforderung für die freiheitlichen Demokratien

Bezogen auf außereuropäische Beziehungen sprach Merkel an, dass China zu einer großen Wirtschaftsmacht aufgestiegen sei. Gerade das Beispiel China zeige, dass auch ein nicht-demokratischer Staat wirtschaftlich erfolgreich sein kann, was die freiheitlichen Demokratien sehr herausfordere.

Zwar gebe es gemeinsame Interessen, etwa in der Zusammenarbeit beim Klimaschutz, dennoch führte Merkel an: „Wir sollten eine Politik entwickeln, die unsere Interessen und Werte widerspiegelt, denn die Einhaltung der Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit und unsere Sorgen um die Zukunft Hongkongs stehen zwischen China und uns und werden klar benannt.“ Ein starkes gemeinsames europäisches Auftreten sei wichtig im Umgang mit China.

Donald Trump will Truppen aus Deutschland abziehen: Eine Drohung für Angela Merkel? 

Donald Trump* hatte angekündigt amerikanische Soldaten aus Deutschland abzuziehen. Auf die Frage ob, die Bundeskanzlerin das als Drohung verstehe, antwortete sie, dass amerikanische Truppen Deutschland schützen. „Wir glauben, dass die Allianz für jeden Mitgliedsstaat einen großen Wert hat“, so Merkel. Die Regierung sei sich klar darüber, dass mehr für Verteidigung ausgegeben werden müsse.

An der NATO festzuhalten sei angesichts der aktuellen Lage in der Welt sinnvoll. Sofern sich die USA von der Rolle als Weltmacht lösen sollte, sei es jedoch für Europa wichtig „sehr grundsätzlich nachzudenken“, so Merkel.

Corona in Deutschland: Merkel warnt vor Leichtsinn

In ihrer wöchentlichen Videobotschaft von Samstag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Bürger angesichts der weiter bestehenden Gefahren durch das Coronavirus vor leichtsinnigem Verhalten gewarnt. „Die von dem Virus ausgehende Gefahr ist weiterhin ernst“, sagte sie. Merkel wiederholte explizit ihren Appell vom Anfang der Krise Mitte März: „Nehmen Sie es ernst, denn es ist ernst.“

„Wir vergessen es leicht, weil Deutschland bislang einigermaßen gut durch die Krise gekommen ist, aber das heißt nicht, dass wir geschützt wären, dass die Gefahr gebannt wäre“, betonte die Kanzlerin jetzt. „Dass dies nicht so ist, zeigen die sich aktuell rasant ausbreitenden regionalen Ausbrüche.“

Wenn es darum gehe, die Verbreitung des Virus einzudämmen, seien neben der Politik, die Maßnahmen ergriffen hat*, weiterhin alle Bürger gefragt. „Wir alle müssen es weiter als unsere gemeinschaftlich empfundene Verpflichtung verstehen, dass jeder und jede Einzelne unser aller Schicksal in der Hand haben, indem wir uns an die Regeln halten: Mindestabstand, Mund-Nasen-Schutz* im öffentlichen Raum und Händewaschen.“

Vor kurzem ist in München ein Plakat der Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgetaucht, das Fragen aufrief. Es wird wohl demnächst wieder entfernt. (lb) *merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.

Ab Juli 2020 erwarten die Verbraucher in Deutschland wieder zahlreiche Änderungen

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