Es gehe bei den Einreiseregeln auch nicht darum, Haltungsnoten für Nachbarländer zu verteilen, sondern konstruktiv mit der Situation umzugehen. „Und die ist leider in Tschechien, aber auch in der Slowakei und in Tirol aus dem Ruder gelaufen. Wir mussten reagieren“, sagte Spahn. Tschechien hat unterdessen wegen der dramatisch hohen Corona-Infektionszahlen nun doch erneut einen Notstand ausgerufen. Er gelte von Montag an für 14 Tage, teilte die Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Andrej Babis am Sonntag mit.
Update vom 14. Februar, 16.35 Uhr: Die deutsche Autoindustrie befürchtet durch die seit Sonntag geltenden Kontrollen und Corona-Testpflicht an Grenzen erhebliche Lieferprobleme - nach Darstellung des Branchenverbandes VDA drohen bereits an diesem Montag Werksschließungen. Durch die zu erwartenden Probleme an den Grenzübergängen werde die Automobilproduktion ab Montagmittag größtenteils zum Erliegen kommen, teilte ein Sprecher des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) am Sonntag in Berlin mit. „Die Werke in Ingolstadt, Regensburg, Dingolfing, Zwickau und Leipzig sind als erste betroffen.“
Beim Volkswagen-Konzern hieß es am Sonntagnachmittag, es gebe noch keine Engpässe wegen fehlender Teile aus dem Lkw-Grenzverkehr, auch nicht im VW-Werk Sachsen und im Porsche-Werk Leipzig. Volkswagen Sachsen betonte, es würden am Montag keine Einschränkungen erwartet, und zum jetzigen Zeitpunkt seien diese nicht absehbar. Auch bei Daimler hieß es am Sonntag, es würden keine Beeinträchtigungen erwartet, von Werksschließungen könne keine Rede sein.
Die Autoindustrie fordert, bis zum Aufbau ausreichender Testkapazitäten an den Grenzen, mindestens aber für die nächsten vier Tage, auf eine ärztliche Testbestätigung zu verzichten und ersatzweise Selbstschnelltests für Fahrer zuzulassen. Lkw-Fahrer müssen laut VDA ein negatives Coronatestergebnis aus den letzten 48 Stunden vorweisen. Das müsse ärztlich bestätigt sein und dreisprachig vorliegen. „Wir haben Verständnis für energische Maßnahmen, aber diese neue Testpflicht für Lkw-Fahrer ist so kurzfristig gar nicht umzusetzen“, sagte der VDA-Sprecher.
Update vom 14. Februar, 13.51 Uhr: Zwischenbilanz der ersten zwölf Stunden der neuen Einreisebeschränkungen wegen Corona-Mutanten (siehe unsere Erstmeldung): In Bayern an den Grenzen zu Tschechien und zu Tirol (Österreich) sind mehr als 1700 Menschen kontrolliert worden - in mehr als 530 Fällen wurde ihnen die Einreise verweigert. Das sagte Karl-Heinz Blümel, Leiter der Bundespolizeidirektion München, der dpa zufolge. Einen Überblick über die neuen Einreiseregeln finden Sie unter diesem Link.
Update vom 13. Februar, 15.28 Uhr: An den bayerischen Grenzübergängen herrschte einen Tag vor Inkrafttreten der schärferen Einreiseregeln am Samstag extrem ruhiger Verkehr, berichtet die dpa. Es sei deutlich weniger los als sonst an Samstagen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei in Passau. Auch Pendler seien kaum unterwegs. „Es gibt aber viele Anfragen von Bürgern, die unsicher sind und wissen wollen, wie es weitergeht.“
Ab Sonntag wird laut Bundespolizei wegen der Grenzkontrollen voraussichtlich jedes einzelne Fahrzeug überprüft. Selbst wer unter die Ausnahmeregeln fällt (siehe Update vom 13. Februar, 8.05 Uhr), muss einen negativen Corona-Test vorweisen und in Deutschland zunächst in Quarantäne gehen. Die Testpflicht war schon vor den neuen Einreiseregeln eingeführt worden. Zur Kontrolle hatte die Bundespolizei auf den wichtigen Nebenstrecken auch provisorische Stationen eingerichtet.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte, die Bundespolizei sei für einen solchen Einsatz kaum ausgerüstet. „Die technische Ausstattung der Bundespolizei lässt zu wünschen übrig. Es mangelt an Containerbüros, Toilettenwagen und großen Zelten, um die Kontrollen durchführen zu können“, sagte der Vorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, Andreas Roßkopf, der Rheinischen Post. Auch personell sei die Bundespolizei für die Grenzkontrollen nicht gut genug aufgestellt. Es bestehe das Risiko, dass Ortskundige über Feld-und Waldwege die Kontrollen umgingen.
Update vom 13. Februar, 8.05 Uhr: „Jetzt reicht's! Die EU-Kommission hat bei der Impfstoffbeschaffung in den letzten Monaten genug Fehler gemacht“: Bundesinnenminister Horst Seehofer weist Kritik aus Brüssel an den Grenzkontrollen (siehe vorheriges Update) entlang der tschechischen und österreichischen Grenzen erneut scharf zurück. Der CSU-Politiker sagte der Bild-Zeitung: „Die EU-Kommission sollte uns unterstützen und nicht durch wohlfeile Hinweise Knüppel zwischen die Beine werfen.“
Wie das Bundesinnenministerium am Freitagabend mitteilte, dürfen aus Tschechien und weiten Teilen des österreichischen Bundeslandes Tirol ab Sonntag vorübergehend nur noch Deutsche, Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltsrecht in Deutschland, landwirtschaftliche Saisonarbeitskräfte und Gesundheitspersonal einreisen.
Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, minderjährige Kinder und Eltern minderjähriger Kinder dürfen demnach auch kommen, aber nur wenn sie gemeinsam mit dem deutschen Angehörigen die Grenze passieren. Auch Lastwagenfahrer und sonstiges Transportpersonal im Güterverkehr sind von dem Verbot ausgenommen. Außerdem sollen Einreisen aus dringenden humanitären Gründen - etwa bei einem Todesfall - erlaubt sein.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter empörte sich darüber, dass es keine Ausnahmen für die Berufspendler geben soll. Dies würde tausenden Tirolern, die zur Arbeit nach Bayern pendeln, das Arbeiten verunmöglichen, erklärte er. Auch in Deutschland wohnhafte Personen, die in Tirol arbeiten, müssten sich demnach bei der Rückreise in Bayern in Quarantäne begeben. „Damit würde ein grenzüberschreitendes gemeinsames Arbeiten und Wirtschaften in den Grenzregionen so gut wie zum Erliegen kommen, was auch nicht im Sinne Deutschlands sein kann. Wir erwarten uns - so wie auch von der Europäischen Kommission gefordert - dass Deutschland hier entsprechende Ausnahmeregelungen schafft“, erklärte Platter.
Update vom 12. Februar, 19.30 Uhr: Unter anderem im Bahnverkehr zeigen die Grenzschließungen der Bundesregierung ersten Effekt - Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich unterdessen gegen „Ermahnungen“ der EU-Kommission angesichts der Einreisebeschränkungen für Tschechien und Tirol verwahrt. „Der Gesundheitsschutz hat oberste Priorität“, erklärte Seehofer am Freitag in Berlin. „Da helfen Ermahnungen aus Brüssel nicht weiter.“ Das Infektionsgeschehen in Deutschland sei gebremst worden. „Aber in unserer Nachbarschaft sehen wir eine besorgniserregende Entwicklung bei den Virus-Mutationen.“
Die EU-Kommission weise selbst darauf hin, dass in diesen Fällen striktere Regeln zulässig seien. „Die Aufforderung der Kommission, mehr Ausnahmen zuzulassen, weise ich entschieden zurück“, betonte Seehofer. „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie die Virus-Mutation zu uns rüber schwappt.“
Seehofer reagierte auf Äußerungen eines Sprechers der EU-Kommission vom Freitag. Dieser hatte darauf verwiesen, dass sich die EU-Staaten auf gemeinsame Empfehlungen zum Thema Reisen geeinigt hätten. Es werde erwartet, dass alle Mitgliedsländer dem folgten. Deutschland sei aufgefordert, zumindest unverzichtbare Reisen und Grenzpendler von den Beschränkungen auszunehmen .Seehofer betonte, Grenzkontrollen im Herzen Europas seien schmerzhaft, „aber wir können das Virus derzeit nicht anders stoppen“. Ähnlich äußerte sich auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
Update vom 12. Februar, 11.55 Uhr: Zur Eindämmung der mutierten Coronavirus-Varianten hält der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thomas Strobl (CDU), Grenzschließungen wie im Frühjahr für möglich. Die Grenzschließungen seien als „Ultima Ratio notwendig, wenn es darum geht, Leib und Leben von Menschen zu schützen“, so der baden-württembergische Politiker gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Wenn eine Region zu einem Hochrisiko- oder Virusmutationsgebiet erklärt wird, greifen bestimmte Maßnahmen und Regeln - und die muss man mit der gebotenen Konsequenz kontrollieren“.
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) stimmt seinem Parteikollegen zu. Gegenüber RTL/ntv schließt der CDU-Politiker Grenzschließungen zu den Nachbarländern Frankreich und Luxemburg nicht aus: „Wenn es krasse Unterschiede gibt zwischen den Inzidenzen, dann wird uns nichts anderes übrig bleiben“. Im Hinblick auf Pendler werde es allerdings keine „Grenzen mit Schlagbäumen“ geben, betont Hans.
Update vom 11. Februar, 19.32 Uhr: Nun ist es offiziell. Nach der Ausbreitung des mutierten Coronavirus in Tschechien und Teilen Österreichs hat die Bundesregierung neue Einreisebeschränkungen und Grenzkontrollen beschlossen. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums wurden Tschechien und Tirol am Donnerstag als sogenannte Virusmutationsgebiete eingestuft.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) habe entschieden, ab Sonntag neben den seit der Flüchtlingskrise bestehenden Binnengrenzkontrollen zu Österreich auch an den Grenzen zu Tschechien vorübergehende Grenzkontrollen einzuführen, teilte ein Sprecher mit. Die Bundesregierung stimme sich derzeit mit allen beteiligten Partnern ab, „insbesondere zu etwaigen Ausnahmetatbeständen“ und werde bald ausführlicher darüber informieren.
Erstmeldung: Berlin - Die Bundesregierung will einen Einreisestopp aus Tschechien und Tirol verhängen. Das bestätigte Bundesinnenminister Horst Seehofer* der Süddeutschen Zeitung am Donnerstag. „Der Freistaat Bayern und der Freistaat Sachsen haben heute die Bundesregierung gebeten, Tirol und grenznahe Gebiete Tschechiens als Virusmutationgebiete* einzustufen und stationäre Grenzkontrollen vorzunehmen“, sagte Seehofer dem Blatt „Wir werden das wohl so entscheiden.“ Mit der Kanzlerin und dem Vizekanzler sei das so abgestimmt.
Die Maßnahmen könnten den Einreisesperren aus Großbritannien entsprechen und werden dem Bericht zufolge derzeit abgestimmt. Seehofer kündigte an, dass „wohl in der Nacht auf Sonntag“ die Maßnahmen in Kraft treten werden.
In Tirol wie auch in Tschechien war in den vergangenen Tagen eine erhöhte Aktivität der Mutationen des Coronavirus* festgestellt worden. In Österreich gelten nun bereits verschärfte Ein- und Ausreiseregeln für Tiroler. In Tschechien ist die Mutation vor allem in den Grenzgebieten zu Sachsen stark verbreitet.
Die Autoindustrie kritisierte am Nachmittag die möglichen Verschärfungen der Einreisebestimmungen. „Unsere Industrie ist angewiesen auf die täglichen Zulieferungen der Werke in Ungarn, Tschechien, der Slowakei und vielen anderen Ländern in Süd- und Osteuropa“, sagte die Präsidentin des Verbandes der deutschen Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller am Donnerstag. „Wenn die Lieferungen unterbrochen werden, stehen hier in Deutschland schon kurzfristig die meisten Werke still.
Der Verband schlug als Alternative zu Grenzschließungen vor, „mit der Prüfung von Test- und Anmeldepflichten für alle Fahrer den Lieferverkehr sowie die Eindämmung der Virusmutante zu garantieren“. Sachsen hatte zuvor angesichts drastischer Corona-Zahlen in den tschechischen Grenzgebieten eine deutliche Einschränkung des Pendlerverkehrs angekündigt.
Sollte Tirol und Gebiete Tschechiens zum Mutationsgebiet erklärt werden, kündigte auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder am Donnerstagnachmittag stationäre Kontrollen an den Grenzen an. Einreisen nach Bayern seien dann ausnahmslos nur noch mit einem negativen Corona-Test* möglich, der dann nicht mehr in Bayern nachgeholt werden dürfe. „Dies kann unsere Sicherheit deutlich verbessern“, sagte Söder.
Pendler aus Tschechien müssen schon seit Ende Januar bei der Einreise nach Bayern ein negatives Corona*-Testergebnis vorweisen, das höchsten 48 Stunden alt sein darf. Tschechien kündigte an, ab Freitag drei Grenzbezirke von der Außenwelt abzuschotten. Betroffen sind die Bezirke Cheb (Eger) und Sokolov (Falkenau) an der Grenze zu Bayern sowie Trutnov (Trautenau) im Dreiländereck zu Polen und Sachsen. (fmü/dpa) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.