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Proteste im Iran: Feuer auf Demonstranten – angeblich 35 Verletzte

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Von: Patrick Freiwah

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Im Iran laufen weiter Proteste – in Kurdistan haben Sicherheitskräfte offenbar auf Demonstrierende geschossen. Der News-Ticker.

Update vom 7. November, 13.59 Uhr: Als moderat geltende iranische Politiker warnen die Regierung nun vor einer Eskalation - die weiteren Entwicklungen in unserem neuen News-Ticker zu den Iran-Protesten.

Update vom 6. November, 19.42 Uhr: Im Iran haben auch am Sonntag wieder zahlreiche Menschen gegen die Regierung demonstriert. Laut Menschenrechtsorganisationen fanden die Proteste vor allem in den kurdischen Gebieten sowie an den Universitäten des Landes statt. Bei Protesten in der Stadt Mariwan in der nordwestlichen Provinz Kurdistan eröffneten Sicherheitskräfte das Feuer und verletzten 35 Menschen, wie die Menschenrechtsorganisation Hengaw mit Sitz in Oslo mitteilte. Die Angaben konnten zunächst nicht überprüft werden.

Auf in Onlinediensten veröffentlichten Bildern war zu sehen, wie Demonstranten das Verwaltungsgebäude von Mariwan mit Steinen bewarfen und die Flagge der Islamischen Republik einholten und verbrannten. Frauen ohne Kopftuch marschierten durch die Straßen. Als die Nacht hereinbrach, „hallten Schüsse durch die Stadt“, erklärte Hengaw.

Irans Parlament hat unterdessen staatlichen Medien zufolge mit großer Mehrheit harte Strafen für inhaftierte Demonstranten gefordert. In einer Erklärung am Sonntag forderten demnach 227 von 290 Parlamentariern die Justiz auf, entsprechende Urteile zu fällen. Den Teilnehmern der jüngsten landesweiten Proteste warfen die Politiker einen „Krieg gegen Gott“ vor, was gemäß islamischem Recht die Todesstrafe zur Folge haben könnte. In der Erklärung hieß es der staatlichen Nachrichtenagentur Irna zufolge weiter: „Amerika und andere Feinde sind bei den Unruhen offen ins Feld getreten und haben die Verantwortung übernommen, die Unruhen anzustiften und zu organisieren“.

Update vom 6. November, 12.53 Uhr: Im Südosten des Irans sind laut Staatsmedien vier Polizisten getötet worden. Der Vorfall ereignete sich in der Provinz Sistan-Belutschistan, wie es am Sonntag in den Berichten hieß. Die Umstände waren zunächst völlig unklar.

In den vergangenen Wochen waren Sicherheitskräfte in der Provinz gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen. Dutzende Demonstranten wurden etwa am 30. September, der fortan als „blutiger Freitag“ bezeichnet wurde, in der Hauptstadt der Provinz getötet. Nach Behördenangaben soll es in der Grenzprovinz auch Angriffe auf Polizisten und Sicherheitskräfte gegeben haben.

Auch ein einflussreicher sunnitischer Geistlicher der Provinz, Maulawi Abdulhamid, kritisierte jüngst den Kurs der politischen Führung in dem mehrheitlich schiitischen Land. Weitere örtliche Geistliche sollen sich seiner Kritik angeschlossen haben. Der Prediger forderte inzwischen ein Referendum über die Forderung der Demonstranten.

Iran-Proteste: Deutschland will Sanktionen ausweiten

Update vom 5. November, 16.50 Uhr: Deutschland und weitere EU-Staaten wollen die Sanktionen gegen Verantwortliche für das gewaltsame Vorgehen gegen Demonstrantinnen und Demonstranten im Iran ausweiten. Wie der Spiegel am Samstag berichtete, schlugen die EU-Länder vor, gegen weitere 31 Verantwortliche und Institutionen aus dem Sicherheitssektor vorzugehen. Dabei geht es um das Einfrieren von Vermögen und auch um Einreiseverbote in die EU.

Die juristische Umsetzbarkeit der neuen Sanktionsliste werde nun geprüft, berichtete der Spiegel. Demnach zeichnet sich für die Ausweitung eine breite Unterstützung in der EU ab. Die EU-Außenministerinnen und -Außenminister könnten die neue Sanktionsliste bei ihrem nächsten Treffen am 14. November beschließen, hieß es.

Die EU hatte zuletzt am 17. Oktober Sanktionen gegen mehrere Verantwortliche und Organisationen verhängt, darunter die Sittenpolizei und die Cyber-Einheit der Revolutionsgarden. Damit stehen derzeit 97 Menschen und acht Organisationen auf der EU-Sanktionsliste zu Menschenrechtsverstößen im Iran.

Amnesty International: Iranische Sicherheitskräfte schießen auf Demonstranten

Update vom 5. November, 11.45 Uhr: Die Demonstrationen im Iran laufen weiterhin. Nach Angaben von Amnesty International eröffneten dabei Sicherheitskräfte in den Regionen Chasch, Sistan und Belutschistan das Feuer auf demonstrierende Zivilisten. Belegt wurden die Berichte durch Videoaufnahmen. Infolge der Gewalt gegen Zivilisten werde der Tod von zehn Demonstranten einschließlich Kindern befürchtet, teilte Amnesty mit und gab an, „zutiefst besorgt“ zu sein.

Iran-Demonstrationen: G7-Außenminister kritisieren Teherans Vorgehen gegen Demonstrationen

Update vom 4. November, 20.43 Uhr: Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und die weiteren Teilnehmer am G7-Treffen haben das Vorgehen der iranischen Regierung gegen die Demonstranten scharf kritisiert. „Wir akzeptieren es nicht, wenn es diesen massiven Menschenrechtsbruch im Iran gibt“, sagte die Grünen-Politikerin am Freitag zum Abschluss der zweitägigen Beratungen der G7 im westfälischen Münster. Indirekt drohte Baerbock Teheran auch mit weiteren Sanktionen. Man habe abgeglichen, welche Sanktionen die Partner ergriffen hätten, weil man „natürlich die meiste Wirkung entfaltet, wenn wir gemeinsam agieren“.

Neben dem Umgang mit Demonstranten kritisierte Baerbock auch die vermeintlichen Waffenlieferungen an Russland. Der G7-Runde gehören neben Deutschland auch Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Großbritannien an. Deutschland hat bis Jahresende den Vorsitz, im nächsten Jahr übernimmt Japan die Präsidentschaft. Es seien bereits viele Sanktionspakete aus unterschiedlichen Gründen gegenüber dem Iran verabschiedet worden, sagte Baerbock. Nun habe man nochmals deutlich gemacht, „dass wir mit Blick auf die jüngsten massivsten Menschenrechtsverletzungen weitere Sanktionspakete auf den Weg gebracht haben“.

Die Vertreter der G7-Staaten haben beim Treffen in Münster die iranische Regierung scharf kritisiert.
Die Vertreter der G7-Staaten haben beim Treffen in Münster die iranische Regierung scharf kritisiert. © Angelo Carconi/imago-images

Die G7 forderte die iranische Regierung dazu auf, „sicherzustellen, dass die Täter von Menschenrechtsverletzungen und -verstößen zur Rechenschaft gezogen werden“.

Iran: Schiitischer Geistlicher in Moschee erschossen – Spannungen nehmen zu

Update vom 4. November, 17.06 Uhr: In einer Moschee in der überwiegend sunnitisch-muslimischen Stadt Sahedan (Landessprache Zahedan) wurde laut IRNA ein schiitischer Geistlicher erschossen. Das heizt die konfessionellen Spannungen in der Region weiter an und torpediert demnach die Bemühungen der Regierung zur Eindämmung der massiven Unruhen.

Wie die staatliche Nachrichtenagentur (Islamic Republic News Agency) ausführt, handele es sich bei dem toten Kleriker um Sajjad Shahraki. „Eine spezielle Task Force wurde gebildet, um die Täter zu identifizieren und zu verhaften“, wird der Polizeikommandant der Provinz Sistan-Belutschistan zitiert.

Sahedan war am 30. September Schauplatz einer Tragödie während der Volksproteste, die mit dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini zwei Wochen zuvor begonnen hatten. Wie Amnesty International erklärt, töteten Sicherheitskräfte bei einem Vorgehen gegen Demonstranten in der Gegend mindestens 66 Menschen. Daraufhin wurde in der Region im äußeren Südosten des Landes angeblich der zuständige Polizeikommandant entlassen. Die Todesfälle entfachten eine hitzige Debatte, ein hochrangiger sunnitischer Geistlicher sagte, hochrangige Beamte des schiitischen Establishments, einschließlich des Obersten Führers Ayatollah Ali Khamenei, seien „vor Gott“ verantwortlich.

Joe Biden wird zu Iran-Protesten befragt - US-Präsident spricht über „Befreiung“

Update vom 4. November, 15.35 Uhr: US-Präsident Joe Biden hat im Wahlkampf zu den anstehenden „Midterms“ eine bemerkenswerte Iran Ankündigung gen Teheran gerichtet. Angesichts der massiven Proteste gegen die islamische Landesregierung ließ der Demokrat wissen: „Wir werden den Iran befreien.“

Eigentlich ging es bei dem Termin in Oceanside um die Unterstützung des Demokraten Mike Levin, der um einen Sitz im Repräsentatenhaus der USA kandidiert. Das Publikum forderte Biden aber auf, zu den Protesten im Iran Stellung zu nehmen, die nach dem Tod von Mahsa Amini bis dato anhalten.

Kürzlich hatte das Weiße Haus in Washington wegen des brutalen Umgangs des iranischen Regimes mit Demonstranten einige Sanktionen gegen Vertreter der iranischen Führung in Teheran erlassen. „Macht euch keine Sorgen, wir werden den Iran befreien. Sie werden sich ziemlich bald selbst befreien“, sagte Biden. 2019 hatte der iranische Geheimdienst erklärt, ein US-Spionagenetzwerk aufgedeckt zu haben. Auch aufgrund der Unterstützung des Iran für Russland im Ukraine-Konflikt befinden sich die beiden Großmächte in einem Konflikt, es geht um Waffenlieferungen, Drohnen und ballistische Raketen.

Iran: G7-Vertreter diskutieren in Deutschland über Iran-Proteste

Ursprungsartikel vom 4. November 2022: Teheran/Münster - Der Iran gehört zu jenen Mächten, zu denen die USA seit Jahrzehnten ein angespanntes Verhältnis haben. Die G7-Außenministerinnen und -Außenminister haben am Freitag in Münster ihre Beratungen über globale Folgen des Ukraine-Kriegs, jedoch auch den künftigen Umgang mit dem Iran fortgesetzt. Neben der Gewalt gegen Demonstranten bei systemkritischen Protesten in dem asiatischen Land beschäftigen die Runde der führenden Wirtschaftsnationen angeblich auch Waffenlieferungen Teherans an Russland.

Proteste im Iran fordern das Ende der islamischen Republik. Währenddessen finden zum 43. Jahrestag der Beschlagnahmung der US-Botschaft in Teheran Feierlichkeiten statt
Proteste im Iran fordern das Ende der islamischen Republik. Zum 43. Jahrestag der Beschlagnahmung der US-Botschaft in Teheran mischen sich Feierlichkeiten darunter. © IMAGO/Jaime León

Laut John Kirby, Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, besteht weiterhin die Sorge, dass der Iran Moskau neben Kampfdrohnen auch andere Waffen wie Boden-Boden-Raketen liefere. Derweil sind im Iran selbst zum Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft in Teheran 1979 tausende Regierungsanhänger auf die Straßen gegangen.

Iran: Jahrestag von Geiselnahme in US-Botschaft - „Nieder mit Amerika!“

Vor dem früheren Gelände der Botschaft in der Hauptstadt versammelten sich Demonstranten. Präsident Ebrahim Raisi wandte sich in einer im Staatsfernsehen übertragenen Rede an US-Präsident Joe Biden und sagte: „Herr Präsident, Iran ist vor 43 Jahren frei geworden und entschlossen, nicht Euer Gefangener zu sein. Und wir werden nie eine Melkkuh sein.“ Immer wieder wurde seine Rede vom Ruf „Nieder mit Amerika!“ unterbrochen.

Die Stürmung der US-Botschaft durch Studenten und die darauf folgende Geiselnahme am 4. November 1979 hat die Beziehungen zwischen dem Iran und den USA nachhaltig beeinträchtigt. Die Geiselnehmer hielten 52 Amerikaner 444 Tage lang gefangen. Danach trat die Schweiz als Vermittler der US-Interessen in Teheran auf.

Iran-Proteste: FDP fordert von Baerbock härteres Durchgreifen gegenüber Iran

Seit mehr als sechs Wochen demonstrieren im Iran Zehntausende gegen den repressiven Regierungskurs und die Islamische Republik. Die Proteste sind inzwischen zu einem großen Belastungstest für die Führung des Iran geworden, Präsident Raisi macht die USA für die Proteste verantwortlich. Auslöser war der Tod der jungen iranischen Kurdin Mahsa Amini Mitte September. Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden im Rahmen der Proteste mittlerweile fast 300 Menschen getötet worden und über 14.000 verhaftet.

Derweil hat FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) aufgefordert, sich stärker für Sanktionen gegen die iranische Führung einzusetzen. Für die iranische Revolution sei es wichtig, wie sich das Ausland verhalte, erklärte der Freie Liberale im ZDF-„Morgenmagazin“. Notwendig seien personenbezogene Sanktionen gegen die iranische Führung, aber keine, die die Menschen dort träfen. Die Sanktionen der Europäischen Union seien leider nur symbolischer Natur, kritisierte der FDP-Politiker. „Hier erwarte ich auch von unserer Bundesaußenministerin, dass sie mehr macht. Denn das, was sie bisher gemacht hat, ist aus meiner Sicht zu wenig“, sagte Djir-Sarai. (PF mit Material der dpa)

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