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Was hat die FDP gegen günstigere Mieten?

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Von: Fabian Hartmann, Ines Alberti

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Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch was hilft gegen explodierende Mieten? Neubau, sagt FDP-Bauexperte Daniel Föst. Wovor er warnt: zu viel Regulierung – gerade bei umstrittenen Indexmieten.

Berlin – Wer in Deutschlands Großstädten eine Wohnung finden will, der braucht Geld, Geduld und Glück. Die Mietpreise steigen immer schneller, immer weiter – und es gibt schlichtweg zu wenig Wohnraum. 700.000 Wohnungen fehlen aktuell, vor allem im mittleren und unteren Preissegment, schätzen Forscher in einer Studie des Pestel-Instituts und des Bauforschungsinstituts ARGE.

Dieser Entwicklung wollte die Ampel-Koalition jährlich 400.000 neue Wohnungen entgegensetzen. Ein Ziel, das sie letztes Jahr nicht erreicht hat und auch in diesem Jahr voraussichtlich verfehlen wird. Hinzu kommt interner Streit, wie man das Problem der Wohnungsnot lösen und Mieterinnen und Mieter am besten unterstützen kann. Beispiel: Indexmieten, die sich an der Inflation orientieren. Gerade bei Neuvermietungen kommen sie immer häufiger vor. SPD und Grüne wollen daraus resultierende Mieterhöhungen begrenzen, die FDP nicht. Beim Thema Regulierung sind die Liberalen ohnehin kritisch. Manche sagen auch: Sie stehen auf der Bremse.

Ein Kran ragt hinter einem Haus hervor
Der Wohnungsbau in Deutschland geht nicht so schnell voran, wie die Ampel-Koalition geplant hatte. © Michael Gstettenbauer/Imago

Was hilft auf einem überhitzen Wohnungsmarkt, wenn der Neubau stockt und immer mehr Mieterinnen und Mieter – auch im Bestand – in Sorge sind, ob sie sich ihre Wohnung in Zukunft überhaupt noch leisten können? Darüber hat die Frankfurter Rundschau mit Daniel Föst, dem bau- und wohnungspolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, gesprochen.

Herr Föst, die Ampel wollte 400.000 Wohnungen im Jahr bauen. Dieses Ziel hat sie 2022 verfehlt. Auch in diesem Jahr sieht es schlecht aus. Ist die Koalition mit ihrer Wohnungspolitik gescheitert?

Die Politik ist nicht gescheitert. Sie ist nur noch nicht so weit, wie sie sein müsste. Dass wir in Europa wieder einen Krieg haben, dass die Energiepreise ein derart großes Problem werden, die Lieferketten abreißen – das hat man nicht antizipieren können. Das Ziel, 400.000 Wohnungen zu bauen, ist richtig. Es ist kein Wunschziel, kein politisches Ziel, sondern eine reale Lücke, die wir schließen müssen.

Vor allem in den Großstädten ist die Mietpreisentwicklung dramatisch. Wie lässt sich diese Dynamik abschwächen?

Die Mietpreisentwicklung ist brutal. Kurzfristig haben wir geholfen, etwa mit 14,5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau, einer Wohngeldreform, mit Einmalzahlungen. Das Grundproblem aber bleibt: Es fehlt an Wohnraum. Und das lässt sich nun mal nicht weg regulieren. Es geht darum, den Mangel zu beheben. Wir müssen mehr bauen, schneller bauen. Es ist doch absurd, dass Genehmigungsverfahren in Deutschland oft länger dauern als der Bau selbst. Wir verheddern uns in Normen, Gesetzen, Regeln. Wir bauen gewissermaßen im Goldstandard.

FDP-Wohnexperte Daniel Föst: „Wer günstiger baut, kann auch günstiger vermieten“

Deutschland, Berlin, Reichstag, Daniel Föst. Mitglied des Deutschen Bundestages. Bau- und wohnungspolitischer Sprecher.
Daniel Föst, der bau- und wohnungspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, will Baustandards an den Kragen. © M. Popow/Imago

Was spricht gegen den Goldstandard?

Deutschland baut die dicksten Betondecken in Europa, weil wir die höchsten Anforderungen an den Lärmschutz haben. Das kostet nicht nur extrem viel CO₂, sondern auch viel Geld. Das ist nur ein Beispiel. Wer günstiger baut, kann auch günstiger vermieten. Deshalb müssen wir die Art und Weise, wie wir bauen, neu denken und vom klassischen Bauland-Begriff wegkommen, hin zum Baupotential-Begriff.

Was meinen Sie damit?

Wo kann ich ein Stockwerk draufsetzen? Wo kann ich ein Gebäude umwidmen – muss ein Hotel immer ein Hotel bleiben, oder kann es auch ein Studierendenwohnheim werden? Wo kann ich umbauen? Wo kann ich eine Brache entwickeln? Da gibt es so viele Spielarten, wo wir an der Kostenschraube drehen können, die momentan nicht genutzt werden. 

Neue Wohnungen sind oft so teuer, dass Geringverdienende sie sich gar nicht leisten können. Wird also überhaupt das Richtige an den richtigen Stellen gebaut?

Um ein mit heutigen Standards gebautes Gebäude zu refinanzieren, wird man 16 bis 17 Euro je Quadratmeter als Netto-Kaltmiete nehmen müssen. Da rede ich noch lange nicht von Luxus. Für jemanden, der in Berlin sechs Euro zahlt, ist das die knallharte Verdreifachung. Das kommt nicht daher, dass wir nur Luxus bauen, sondern weil wir verlernt haben, günstig zu bauen.

Auch im Bestand steigen die Preise immer weiter. Neuer Trend bei Neuvermietungen: Indexmieten, die sich an der Inflation orientieren. SPD und Grüne möchten sie begrenzen. Die FDP aber sperrt sich. Warum?

Ich halte es für problematisch, wenn wir Gesetzgebung nach Tageslage machen. 2021 wollte die SPD die Mieten noch grundsätzlich an die Inflation koppeln. Da hat man einen ganz anderen Plan verfolgt. Wer einen Indexmietvertrag hat, hat als Mieter viele Vorteile. Zum Beispiel können energetische Sanierungen nicht auf Mieter umgelegt werden.

Kritik an Indexmieten: „Vermieter bereichern sich nicht“, sagt die FDP

Die Inflation war viele Jahre niedrig, das ist nun vorbei. Eine solche Preisentwicklung hat niemand kommen sehen. Nutzen Vermieter mit Indexmietverträgen diese Situation nicht zusätzlich aus?

Vermieter bereichern sich nicht, sondern müssen die Kosten decken, die im Haus tatsächlich da sind – Energie, Betrieb, Steuern. Der Vermieter muss die Index-Mieterhöhung auch nicht an den Mieter weitergeben, das ist kein Automatismus. Wir haben in Deutschland viele kleinere und Kleinst-Vermieter. Sie ziehen sich momentan aus dem Markt zurück und vermieten entweder ihre Wohnungen nicht mehr oder verkaufen sie. Wenn sie die ihnen real entstehenden Kosten nicht umlegen dürfen, dann zerstören wir das Segment an kleineren Vermietern.

Die FDP ist für Indexmieten, sperrt sich aber gegen eine schärfere Mietpreisbremse. Was hat Ihre Partei gegen günstige Mieten? 

Wir brauchen günstige Mieten im Bestand. Die Wohnkostenfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Aber der Glaube, man könne Wohnkosten weg regulieren, der geht in die Hose. Das sieht man in Berlin. Nirgendwo fehlt so viel Wohnraum wie hier – weil er nicht gebaut wird. Wir müssen die Wohnkosten in den Griff bekommen, und dafür müssen wir schneller und günstiger bauen. Wir müssen die Mieterinnen und Mieter schützen. Deswegen werden wir die Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen im Bestand auf elf Prozent setzen und auch die Mietpreisbremse verlängern. Wir werden auch den Mietspiegel anpassen.

Günstige Mieten gibt es noch bei Genossenschaften und kommunalen Wohnungsunternehmen. Welche Rolle können sie auf dem überhitzten Markt spielen?

Eine sehr große! Ich bin dankbar über jede Wohnung, die zur Verfügung gestellt wird. Was ich erhalten will, ist ein guter Mix am Markt. Wir brauchen die Großen und die Kleinen, private Vermieter, kommunale Anbieter und Genossenschaften. Gerade Letztere sind ein ganz wichtiger Baustein. Die Ampel will genossenschaftliches Wohnen fördern und hat dafür über die KfW ein eigenes Programm gestartet. Doch auch die Genossenschaften können Neubau nicht für sechs Euro kalt pro Quadratmeter realisieren. Daher müssen wir alles dafür tun, dass Bauen günstiger wird.

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