Ukraine-Konflikt: Russland-Botschafter erklärt Putins Angst - „sehr gefährlich“

Die diplomatischen Bemühungen laufen im Ukraine-Konflikt auf Hochtouren. Auch im Baltikum wachsen die Sorgen vor Russland. Der News-Ticker.
- Ukraine-Konflikt*: Der EU-Außenbeauftragte Borrell sieht Anzeichen für eine Entspannung (siehe Erstmeldung).
- Litauen bekommt wegen Russland mehr Bundeswehr-Soldaten - hat aber eine weitere Bitte an Deutschland (siehe Update vom 9. Februar, 19.45 Uhr).
- Russlands Botschafter hat wichtige Nachrichten aus Moskau (siehe Update vom 10. Februar, 6.59 Uhr).
- Dieser News-Ticker zum Ukraine-Konflikt mit Russland wird fortlaufend aktualisiert.
Update vom 10. Februar, 16.55 Uhr: Altkanzler Gerhard Schröder steht wegen seiner Haltung im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland schwer in der Kritik. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat nun offenbar den Kontakt gesucht.
Update vom 10. Februar, 16.35 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Deutschland müssen sich in der Ukraine-Krise Kritik gefallen lassen. Doch: Was sagen die Bürger? Eine Umfrage ging dieser Frage nach.
Ukraine-Krise: Russland lenkt offenbar ein
Update vom 10. Februar, 6.59 Uhr: Wichtige Nachricht von Russlands Botschafter in Deutschland: Sergej Netschaje hat bekräftigt, dass sein Land keinerlei Interesse an einer kriegerischen Auseinandersetzung mit der Ukraine habe. „Wir wollen diesen Konflikt auf keinen Fall ausbrechen lassen“, sagte Netschajew den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
Allerdings warnte er gleichzeitig vor einer Aufrüstung der Ukraine - und warf der Nato gebrochene Versprechen vor. Wenn die Ukraine mit Waffen, Truppen und Sondereinheiten aus dem Ausland vollgepumpt werde, könne das auch zu Provokationen führen, betonte der Diplomat. Bei entsprechenden Waffensystemen betrage die Anflugzeit zu lebenswichtigen russischen Zentren nur noch fünf bis sieben Minuten. „Das ist schon sehr gefährlich“, so Netschajew.
Ukraine-Krise: Russischer Botschafter bekräftigt Friedenswillen
Konkret nannte der Botschafter drei Kernforderungen Moskaus gegenüber dem Westen: „Erstens: Keine Nato-Erweiterung mehr in Richtung Osten. Zweitens: Keine weitere militär-technische Aufrüstung durch die Nato in unserer Nachbarschaft. Drittens: Rückzug der militär-technischen Infrastruktur der Nato auf den Stand von 1997, als wir die Russland-Nato-Grundakte unterzeichnet haben.“
Zu weiteren Waffenlieferungen des Westens in die Ukraine äußerte sich der Botschafter mit folgenden Worten: „Waffenlieferungen in die Ukraine finden wir absolut kontraproduktiv. Das ist nicht förderlich für eine friedliche Konfliktlösung.“ Die Waffen könnten „nationalistische und extremistische Kräfte in der Ukraine zu unkontrollierten Aktionen“ provozieren, die eine weitere Krise auslösen könnten.
Update vom 9. Februar, 22.35 Uhr: Die von den USA nach Polen verlegten Soldaten sollen im Notfall auch bei der Evakuierung von US-Bürgern aus der Ukraine helfen. Er könne nicht ausschließen, dass diese Militärs bis zu einem gewissen Grad bei der Evakuierungshilfe auf der polnischen Seite eingesetzt werden könnten, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby am Mittwoch. Allerdings gebe es im Moment keine Bemühungen mit militärischen Mitteln, Amerikaner aus der Ukraine zu bringen. „Es gibt viele Möglichkeiten, die Ukraine zu verlassen. Und all das ist im Moment noch im Spiel“, so Kirby.
Die USA raten von Reisen in das Land unter anderem wegen der „zunehmenden Bedrohung durch russische Militäraktionen“ ab und hatten dort auch ihre diplomatische Präsenz reduziert. Die USA haben auf Anordnung von US-Präsident Joe Biden wegen der Ukraine-Krise 1700 Soldaten aus den Vereinigten Staaten nach Polen und 300 weitere nach Deutschland geschickt. Zahlreiche von ihnen seien schon da, der Rest solle in den kommenden Tagen ankommen. Insgesamt sind in Europa nach Pentagon-Angaben rund 80 000 US-Soldaten stationiert.
Video: Ukraine-Russland-Krise - Moskau verschärft Drohkulisse
Ukraine-Krise: Baltikum fühlt sich durch Russland bedroht - und bekommt mehr Bundeswehr-Soldaten
Update vom 9. Februar, 19.45 Uhr: Die Berichte mehren sich, dass sich nach den jüngsten Entwicklungen in der Ukraine-Krise auch das Baltikum von Russland bedroht fühlt. Selbiges berichtete zum Beispiel das „heute journal“ des ZDF an diesem Mittwochabend. In dieser Woche hatte die Ampel-Bundesregierung beschlossen, das Kontingent deutscher Bundeswehr-Soldaten in Litauen weiter aufzustocken, und zwar um weitere 350 Frauen und Männer.
Zum Hintergrund: Seit 2017 trainieren deutsche Soldaten mit litauischen Streitkräften die Verteidigung des Landes, das im Südwesten an die russische Exklave Kaliningrad grenzt. Und im Süden sowie im Osten an Russlands Verbündeten Belarus. Die Bundeswehr steht wiederum in Litauen an der Spitze einer NATO-Mission von insgesamt 1.200 Soldaten und stellt die Hälfte der Truppen in dem baltischen Staat mit seinen etwas mehr als drei Millionen Einwohnern.
Wir müssen über Qualität reden.
Just in diesen Tagen endet der Einsatz der aktuellen Bundeswehr-Einheiten im Baltikum. Der litauische Präsident Gitanas Nauseda dankte Deutschland bei einer Zeremonie für die Unterstützung und sagte: „Herzlichen Dank für Ihre Solidarität, Entschlossenheit und Führung.“ Nauseda reiste daraufhin nach Berlin, wo er sich an diesem Donnerstag mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu Gesprächen über die Ukraine-Krise treffen wird. Und: Der Regierungschef Litauens hat wohl die nächste Bitte mit dabei.
„Wir reden hier nicht mehr über Quantität, wir müssen über Qualität reden. Denn bisher haben wir im Baltikum kein System der Flugabwehr“, sagte er im Interview mit dem ZDF und nannte ein konkretes Waffensystem, das sein Land zur Sicherung der Außengrenze brauchen. Die militärische Aggression Russlands - sie sorgt längst auch im Baltikum für Bedenken.
Ukraine-Krise im News-Ticker: Kanzler Olaf Scholz (SPD) wendet sich erneut an Russland
Update vom 9. Februar, 15 Uhr: Im Ukraine-Konflikt hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erneut auf den Dialog mit Russland aufmerksam gemacht, aber auch verdeutlicht, dass eine Invasion der Ukraine „schwerwiegende Folgen” haben wird. In der gemeinsamen Pressekonferenz mit der dänischen Premierministerin Mette Frederiksen betonte der Bundeskanzler die Bereitschaft zum Dialog mit Russland auf allen Ebenen und Formaten, wie etwa in der OSZE oder „ganz besonders” im sogenannten Normandie-Format (siehe Update vom 9. Februar, 13 Uhr). So wolle man eine politische Lösung ermöglichen. Allerdings müsse man sich auch intensiv darauf vorbereiten, im Falle einer militärischen Eskalation handeln zu können. Hier drohte Scholz Russland erneut mit „schwerwiegenden Konsequenzen”, sollte es zu einer Aggression kommen.
Update vom 9. Februar, 13.55 Uhr: Die europäische Krisendiplomatie zur Entschärfung des Ukraine-Konflikts hat vorsichtige Zuversicht ausgelöst. Es gebe „echte Chancen für eine diplomatische Lösung“, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Mittwoch in Kiew. Er lobte die Vermittlungsbemühungen der Europäer. „Die Situation bleibt angespannt, aber unter Kontrolle“, sagte er. „Die Art und Weise, wie die europäische Gemeinschaft auf diese Krise reagiert, wird die Zukunft der europäischen Sicherheit und jedes einzelnen europäischen Staates bestimmen“, fügte der ukrainische Außenminister hinzu.
Ukraine-Krise im News-Ticker: Russland spricht von einem „Pluspunkt“
Update vom 9. Februar, 13 Uhr: Im Ukraine-Konflikt hat der Kreml die Vermittlungsbemühungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron gewürdigt. Kremlsprecher Dmitri Peskow lobte am Mittwoch, dass Macron bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj betont hatte, dass die Umsetzung eines 2015 beschlossenen Friedensplans der einzige Weg zu einer Beilegung des Konflikts sei. „Das ist richtig. Und das ist ein Pluspunkt“, sagte Peskow der Agentur Interfax zufolge.
Zugleich warf er der Ukraine einmal mehr mangelnde Bereitschaft bei der Einhaltung ihrer Verpflichtungen aus dem sogenannten Minsker Abkommen vor. „Deshalb gibt es sowohl positive als auch weniger positive Signale“, erklärte Peskow. Der Kreml bestätigte zudem ein für Donnerstag in Berlin geplantes Treffen im sogenannten Normandie-Format*, in dem Deutschland und Frankreich vermitteln. Zuvor hatte bereits Macron das Treffen mit Vertretern Russlands und der Ukraine auf Beraterebene angekündigt.

Ukraine-Konflikt mit Russland: Merz fordert mehr Abstimmung in der EU
Update vom 9. Februar, 11.55 Uhr: CDU-Chef Friedrich Merz hat in der Ukraine-Krise mehr Abstimmung innerhalb der EU gefordert. „Das ist hier nicht in erster Linie eine Herausforderung für die Nato. Das ist eine Herausforderung für Europa“, sagte er am Mittwoch am Rande von Gesprächen in Brüssel. Aus seiner Sicht müsse „mehr Koordinierung, Abstimmung und gemeinsame Politik“ sichtbar werden. Merz nahm in Brüssel unter anderem an einer Sitzung der christdemokratischen EVP-Fraktion im Europaparlament teil, die von dem CSU-Europapolitiker Manfred Weber geführt wird.
„Es wäre gut, wenn Europa - auch repräsentiert durch die Staats und Regierungschefs in der Europäischen Union - stärker mit einer Stimme sprechen und auch nach außen sichtbar würde, dass es hier eine enge Koordinierung und Abstimmung der europäischen Staaten in dieser Krise gibt“, sagte Merz. „Wir hätten eigentlich in der Ukraine-Krise sehr viel mehr Europa gebraucht, nicht weniger, sondern mehr.“
Ukraine-Konflikt: Kriegsschiffe von Russland im Schwarzen Meer für Übungen
Update vom 9. Februar, 11 Uhr: Sechs russische Kriegsschiffe sind offenbar auf dem Weg vom Mittelmeer ins Schwarze Meer. Das berichtete jedenfalls die Nachrichtagentur Interfax am Dienstag (8. Februar) und berief sich auf das russische Verteidigungsministerium. Dort sollen sie wohl an Übungen teilnehmen. Russland kündigte bereits derartige Übungen an.
Am Dienstag wurde auch bekannt, dass russische Soldaten das benachbarte Belarus nach dem Ende einer umstrittenen gemeinsamen Militärübung Kremlangaben zufolge wieder verlassen sollen. „Wenn Sie es aufmerksam verfolgt haben, hat niemand jemals gesagt, dass russische Truppen auf dem Gebiet von Belarus bleiben“, bekräftigte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag laut Agentur Interfax. Für das Manöver, das am Donnerstag beginnen soll, verlegt Russland seit Wochen Soldaten und Militärtechnik. Im Westen wird befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in der Ukraine vorbereitet.
Die Nato etwa wirft Russland vor, rund 30.000 Soldaten nach Belarus zu verlegen. Aus Moskau hingegen hieß es immer wieder, dass die Übung in Einklang mit internationalem Recht stehe und eine - deutlich niedrigere - festgeschriebene Höchstzahl an Soldaten nicht überschritten werde. Zudem betont der Kreml, dass die Truppenverlegung in die verbündete Ex-Sowjetrepublik Belarus reinen Übungscharakter habe.
Ukraine-Konflikt: EU würdigt Macron-Manöver bei Putin - Umfrage zeigt deutsche Position bei Invasion
Erstmeldung vom 9. Februar: Kiew/Moskau - Ist nun, nach mittlerweile wochenlangen Verhandlungen, Deeskalation im Ukraine-Konflikt möglich? Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sieht zumindest Anzeichen. Der Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Moskau sei eine „gute Initiative“ gewesen, sagte Borrell am Dienstag (8. Februar) zum Abschluss seines Besuchs in Washington. „Ich denke, dass dies ein Element der Entspannung darstellt.“

Zwar habe das Treffen Macrons mit Russlands Staatschef Wladimir Putin* am Montag „kein Wunder bewirkt“, sagte der EU-Vertreter auch. Aber solange Menschen bereit seien, „sich an den Tisch zu setzen und zu reden, besteht meines Erachtens die Hoffnung, dass es nicht zu einer militärischen Konfrontation kommt“.
Ukraine-Konflikt: Macron übermittelt Putin-Zusicherung - Anzeichen für Deeskalation?
Macron hatte nach eigenen Angaben von Putin die Zusicherung erhalten, auf eine weitere Eskalation zu verzichten. Er habe dem Kreml-Chef bei dem fünfstündigen Gespräch am Montag „konkrete Sicherheitsgarantien“ angeboten, sagte der französische Staatschef am Dienstag. Es sei ihm bei den Beratungen mit Putin darum gegangen, „eine Eskalation zu verhindern und neue Perspektiven zu eröffnen“, sagte Macron. „Dieses Ziel ist für mich erreicht.“
Moskau hat nach westlichen Angaben mehr als 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Dies schürt Befürchtungen, dass Russland einen Angriff auf das Nachbarland vorbereiten könnte. Russland bestreitet dies und führt zugleich an, sich von der Nato bedroht zu fühlen. Moskau fordert umfangreiche Sicherheitsgarantien von dem Militärbündnis und von den USA, bislang aber ohne Erfolg.
Russische Invasion in die Ukraine? Was die Deutschen denken
Eine knappe Mehrheit der Deutschen hält derweil eine russische Invasion in der Ukraine für wahrscheinlich. Die Süddeutsche Zeitung berichtete unter Verweis auf eine Umfrage der Denkfabrik European Council of Foreign Relations (ECFR), dass 52 Prozent mit einem russischen Angriff noch in diesem Jahr rechnen. Nur 37 Prozent der Bürger waren indessen der Meinung, dass Deutschland die Ukraine im Falle einer Invasion verteidigen sollte.
Neben Deutschland ließ der ECFR auch Menschen in Finnland, Frankreich, Italien, Polen, Rumänien und Schweden befragen. Dabei zeigte sich laut SZ, dass die Sorge vor einem russischen Angriff in den osteuropäischen Ländern am größten war.
Ukraine-Konflikt: Kanzler Scholz sucht mit Partnern nach einer Lösung
Die Gespräche rund um den Ukraine-Konflikt gehen jedenfalls weiter. Am Dienstagabend fand ein Spitzentreffen in Berlin statt, mit Kanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Polens Staatschef Andrej Duda. Mit einem Gesprächsangebot an Russland und dem erneuten Appell zur Deeskalation an der ukrainischen Grenze wollen die drei Länder den Konflikt mit Moskau entschärfen. Zugleich machten sie deutlich, dass „jede weitere militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine massive Konsequenzen nach sich ziehen und einen hohen Preis haben wird“. (dpa/AFP/cibo) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.