Erdogan fordert Putin zum „ehrenvollen Abzug“ auf – Russland: „Keine Bewegung bei grundsätzlichen Positionen“
Für Russland geht es im Ukraine-Krieg um sein Fortbestehen. Erdogan appelliert an Putin, zudem wackelt die Zukunft des G20-Formats. News-Ticker zu den Ukraine-Verhandlungen.
- Ukraine-Konflikt*: Moskau erklärt, dass der Westen das Land zerstören wolle und die „bloße Existenz von Russland auf dem Spiel“ stehe.
- Die Präsidenten der Nato-Staaten Türkei und von Ungarn haben unterschiedliche Haltungen: Erdogan appelliert an Russlands Staatschef, Orban erteilt der Ukraine eine Abfuhr.
- US-Präsident Joe Biden* bezeichnete Putin bei seinem Besuch in Polen erneut als „Kriegsverbrecher“. (siehe Update vom 25. März, 19.55 Uhr).
- Russland wirft Ukraine vor, die Verhandlungen in die Länge zu ziehen. (siehe Update vom 25. März, 21.55 Uhr)
- Unser News-Ticker zu den Ukraine-Russland-Verhandlungen ist beendet. Aktuelle Informationen finden Sie in unserem neuen News-Ticker zu den Ukraine-Verhandlungen. Hintergründe zur Ukraine-Krise* finden Sie hier.
++ Dieser News-Ticker zu den Ukraine-Russland-Verhandlungen ist beendet. ++
Update vom 25. März, 21.55 Uhr: Russland hat der Ukraine vorgeworfen, die Verhandlungen über ein Kriegsende weiter absichtlich in die Länge zu ziehen. „Sie haben es nicht eilig, sie glauben, dass die Zeit auf ihrer Seite ist“, sagte der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski am Freitag der Agentur Tass zufolge. Die ukrainische Seite handle nicht unabhängig, behauptete Medinski. „Deshalb stimmt der aktuelle Stand der Dinge nicht optimistisch.“ Moskau wirft Kiew vor, auf Anweisung Washingtons zu handeln.
Medinski sagte, er teile die von den Ukrainern zuletzt verbreitete Zuversicht nicht. „Es gibt keine Bewegung bei den grundsätzlichen Positionen, auf denen die russische Seite besteht“, sagte der Berater von Präsident Wladimir Putin. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba zeigte sich am Freitag zurückhaltender. „Kein Konsens bisher in den Verhandlungen“, twitterte Kuleba. „Die ukrainische Position ist klar: Waffenstillstand, Sicherheitsgarantien, keine Kompromisse bei der territorialen Integrität. Aber Russland hält an Ultimaten fest.“ Kuleba forderte mehr Sanktionen und mehr Militärhilfe.
Ukraine-Verhandlungen: Biden nennt Putin erneut einen „Kriegsverbrecher“
Update vom 25. März, 19.55 Uhr: US-Präsident Joe Biden hat Russlands Präsidenten Wladimir Putin bei seinem Besuch in Polen erneut einen „Kriegsverbrecher“ genannt. Die Verwüstung in der Ukraine gehe „von einem Mann aus, den ich, offen gesagt, für einen Kriegsverbrecher halte“, sagte Biden am Freitag im polnischen Rzeszow etwa 90 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt.
„Und ich denke, das wird auch der rechtlichen Definition entsprechen“, fügte er hinzu. Biden hatte Putin bereits in der Vergangenheit als Kriegsverbrecher bezeichnet. Das Weiße Haus hatte daraufhin betont, dass der US-Präsident aus seinem Herzen gesprochen habe.
Ukraine-Verhandlungen: Fliegt Russland aus der G20? Peskow erhebt schwere Vorwürfe
Update vom 25. März, 15.57 Uhr: Der Moskauer Kreml reagiert demonstrativ gelassen auf amerikanische Forderungen, Russland aus der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auszuschließen. „Das G20-Format ist wichtig“, erklärte Kremlsprecher Dmitri Peskow zwar der Agentur Tass. Jedoch sei ein Ausschluss für das flächenmäßig größte Land der Erde „nicht fatal“. Darüber hinaus würden derzeit ohnehin die meisten G20-Mitglieder* einen Wirtschaftskrieg gegen Russland führen, führte er aus. Moskau sei bereit, sich an den Sitzungen zu beteiligen, wolle aber auch neue Kontakte und Beziehungen aufbauen.
Die USA würden auf aggressive Weise versuchen, Russland zu isolieren, führte Peskow aus. „Bisher war diese Linie nur teilweise effektiv, die Welt ist vielfältiger, es gibt nicht nur die USA und die europäischen Länder.“ Viele Staaten hätten eine deutlich ausgewogenere und nüchternere Haltung, sie stellten Fragen und führten echten Dialog, ohne Russland abzuschneiden.
US-Präsident Joe Biden hatte sich zuvor für einen Ausschluss Russlands aus der G20 ausgesprochen. Mit China ist allerdings auch mindestens ein Land Mitglied, das als Verbündeter Russlands gilt. Die Bundesregierung hält einen Ausschluss Russlands für unrealistisch. Der nächste G20-Gipfel ist am 30. und 31. Oktober auf der indonesischen Insel Bali anberaumt.
Ukraine-Verhandlungen: Erdogan fordert Putin zum Handeln auf - Abfuhr für Selenskyj
Update vom 25. März, 14.18 Uhr: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat mit Nachdruck Forderungen des Nachbarlands Ukraine nach Transit für Waffen sowie Ausweitung der Sanktionen gegen Russland zurückgewiesen. Beide Forderungen würden ungarischen Interessen widersprechen, erklärte Orbans Sprecher Bertalan Havasi nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur MTI. Er bekräftigte damit die Position, die Orban am Donnerstag in einer Ansprache formulierte.
Der Bezug gilt einer Videoansprache von Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj anlässlich des EU-Gipfeltreffens, die sich speziell Orban richtete: Er forderte Ungarn auf, im Krieg zwischen Russland und der Ukraine eindeutig Position zu beziehen. Jedoch wolle sich Ungarn aus diesem Krieg heraushalten und werde deswegen weder Waffen in die Ukraine schicken, noch deren Transit erlauben, so Orbans Sprecher.
Ungarn werde auch der Ausweitung der Sanktionen nicht zustimmen, wenn diese sich auf Einfuhren von russischem Erdgas und Erdöl beziehen würden, denn es gelte zu verhindern, „dass ungarische Familien den Preis für diesen Krieg bezahlen“.
Update vom 25. März, 12.25 Uhr: US-Präsident Joe Biden ist angesichts des Kriegs in der Ukraine von Brüssel zu einer zweitägigen Polen-Reise aufgebrochen. Biden stieg am Freitagmittag in Belgien in sein Flugzeug Air Force One. Der US-Präsident will sich erst in der südostpolnischen Stadt Rzeszow, die etwa 90 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt liegt, über den humanitären Einsatz zur Versorgung der Flüchtlinge informieren. Außerdem wird er in Polen stationierte US-Soldaten treffen, danach kommt er zu Gesprächen mit der polnischen Führung in die Hauptstadt Warschau. Am Samstag ist ein Auftritt Bidens am Warschauer Königsschloss geplant.
Ukraine-Verhandlungen: Erdogan fordert von Putin „ehrenvollen Abzug“
Update vom 25. März, 12.15 Uhr: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Wladimir Putin aufgefordert, einen „ehrenvollen Abzug“ aus der Ukraine zu machen. „Wir müssen jetzt sagen „Jetzt musst du der Architekt des Schrittes sein, der zum Frieden getan werden muss““, sagte Erdogan laut dem türkischen Präsidialamt am Freitag in Richtung des russischen Präsidenten.
Erdogan wiederholte, keine Sanktionen gegen Russland verhängen zu wollen. Für die Türkei sei es unmöglich, die Beziehungen zu Russland aufzugeben. Er könne sein Volk in Winter und Schnee nicht in der Kälte zurücklassen und auch nicht die Industrie komplett umstellen. Auch die Türkei ist unter anderem wegen Gas- und anderen Energielieferungen von Moskau abhängig. Außerdem kommen jährlich die meisten Touristen aus Russland in die Türkei.
Erdogan sagte, eine Einigung zwischen Russland und der Ukraine sei noch immer möglich, es bestehe aber weiterhin Uneinigkeit in einigen Verhandlungspunkten: „Natürlich fühlt die Ukraine sich mit Themen wie der Krim und dem Donbass nicht sonderlich wohl“, sagte Erdogan. Moskau fordert etwa einen Verzicht der Ukraine auf einen Nato-Beitritt und eine Anerkennung der ostukrainischen Separatistengebiete Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten sowie der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisches Gebiet.

Ukraine-Verhandlungen: Chef-Unterhändler von Putin sieht „gesamte Existenz Russlands“ bedroht
Erstmeldung vom 25. März, 10.45 Uhr:
Kiew/Moskau - Wie zuvor bereits Ex-Präsident Dmitri Medwedew warf auch Wladimir Medinski dem Westen zerstörerische Absichten gegenüber Russland vor. „Heute steht die bloße Existenz Russlands als russische Zivilisation auf dem Spiel“, meinte der russische Unterhändler für die Verhandlungen im Ukraine-Krieg. „Sie drängen uns zur Zerstörung des politischen Systems, zur Zerstörung des Landes.“
Russland hatte das Nachbarland Ukraine vor einem Monat am 24. Februar angegriffen (Chronologie*). Medinski steht der russischen Delegation vor, die wenig später mit ukrainischen Vertretern Verhandlungen über ein Kriegsende begann - bislang ohne Erfolg. In der gesamten bisherigen Geschichte hätte es nur wenige Situationen gegeben, die mit dieser vergleichbar wären. Medinski nennt in diesem Zusammenhang die russische Revolution 1917 und den Zusammenbruch der Sowjetunion.
Ukraine-Verhandlungen: Russland kämpft gegen „Zerstörung“ - Und Werteverfall im Land
Russlands Unterhändler bei den Verhandlungen hat sich außerdem für weniger Unterhaltungsangebote im russischen TV ausgesprochen. „Kommen Sie, Kollegen, etwas weniger Unterhaltungssendungen“, sagte Medinski der Staatsagentur Tass zufolge bei einer Sitzung der Kommission für historische Bildung, der er vorsteht. Er beklagt den Werteverfall, den das Land auch im Westen wahrnimmt: „Das sieht irgendwie ziemlich komisch aus in unserer Zeit. Wir versuchen alle so zu tun, als wäre alles beim Alten, aber nein.“ Es solle lieber „gutes sowjetisches und russisches Kino“ gezeigt werden, dazu jedoch auch „gutes ausländisches Kino“.
Ukraine-Verhandlungen: Russland beobachtet „Annäherungen“ - Kriegsgegner dementiert
Bei den Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau im Ukraine-Konflikt gibt es offenbar weiterhin keine greifbaren Ergebnisse. Russlands Chefunterhändler Medinski sagte am Freitag, es sei eine „Annäherung“ der Positionen in der Frage des neutralen Status der Ukraine und Fortschritte in der Frage der Entmilitarisierung des Landes zu beobachten. Ein neutraler Status würde bedeuten, dass die Ukraine auf einen Beitritt zur Nato verzichtet. Ukraine-Berater Mychailo Podoljak erklärte auf Twitter, die Forderungen seines Landes seien unverändert: „Waffenstillstand, Abzug der (russischen) Truppen und starke Sicherheitsgarantien mit konkreten Formulierungen“.
Inmitten des Ukraine-Kriegs reist derweil US-Präsident Joe Biden nach Polen, um die Stadt Rzeszow nahe der Grenze zur Ukraine zu besuchen. Wie das Weiße Haus bekannt gab, soll sein polnischer Kollege Andrzej Duda ihn am Flughafen der Stadt empfangen, die etwa 80 Kilometer von der Grenze entfernt liegt. Er wolle sich ein Bild von den Hilfsbemühungen für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge machen. (PF mit dpa-Material) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.