Mysterium um Ukraine-Schiff: Odessa-Frachter kommt plötzlich von Route ab – politische Gründe?

Ein mit Mais beladener Frachter aus der Ukraine kommt einfach nicht im Libanon an. Stattdessen ändert das Schiff seine Route. Die Fragezeichen sind groß.
Odessa/Istanbul - Wo ist die „Razoni“ abgeblieben? Der Getreide-Frachter, der Ende Juli mitten im Ukraine-Krieg aus dem Schwarzmeer-Hafen Odessa abgelegt hatte, wurde am Sonntagmorgen (7. August) sehnsüchtig im Libanon erwartet. Die „Razoni“ hat 26.000 Tonnen Mais geladen.
Razoni: Ukrainischer Getreidefrachter kommt nicht im Libanon an - und ankert vor der Türkei
Einzig: Das riesige Schiff kam bislang nicht an seinem Bestimmungsort an. Es hatte stattdessen unerwartet den Kurs geändert. Wie die „Tagesschau“ der ARD berichtet, lag es (Stand Sonntagabend) laut Schiffsortungs-App marinetraffic vor der Türkei vor Anker. Es sei demnach ungewiss, ob die „Razoni“ ihren ursprünglichen Zielhafen Tripoli überhaupt noch anläuft.
Der ukrainische Botschafter im Libanon reagierte überrascht und verwundert. „Politisch war es eine sehr klare Entscheidung. Das erste Schiff sollte von Odessa nach Tripoli. Aber es gibt andere Gründe, wie die Beziehung zwischen privaten Geschäftsleuten. Es braucht etwas Zeit, um die Situation zu klären“, sagte Ihor Ostash im Interview der „Tagesschau“. Er blieb verklausuliert und wurde nicht deutlicher, was zum Beispiel mit „Beziehung zwischen privaten Geschäftsleuten“ gemeint ist.
Im Video: Ukraine-Krieg - Weitere Schiffe mit Getreide legen in Odessa ab
Dem Bericht zufolge wurde zuletzt in Bäckereien in den libanesischen Städten Beirut und Tripoli das Mehl knapp, Hunderte Menschen hätten vor den Ladetheken vergeblich auf Brot gewartet. „Die Lieferung sollte ein Signal sein, dass die Route Odessa-Tripoli wieder funktioniert. Ob es wirtschaftliche oder doch politische Gründe sind, weswegen das Schiff nicht weiterfährt, ist nicht klar“, berichtet der ARD-Korrespondent aus dem Libanon.
Russland-Ukraine-Krieg: Acht Getreidefrachter haben den Hafen Odessa auf dem Schwarzen Meer verlassen
Zuvor hatten vier weitere Getreidefrachter ukrainische Häfen verlassen. Die mit Sonnenblumenöl und Mais beladenen Schiffe haben die Ziele China, Türkei und Italien, sollen zunächst jedoch die Bosporus-Metropole Istanbul ansteuern. Dort sollen sie kontrolliert werden, teilte das türkische Verteidigungsministerium mit. Unter anderem soll von internationalen Beobachtern sichergestellt werden, dass die Frachter ausschließlich Getreide geladen haben und nicht etwa Waffen. Die „Razoni“ hatte sich demselben Prozedere unterzogen.
Der ukrainische Infrastrukturminister Olexandr Kubrakow erklärte, die neuerlichen Frachter „Mustafa Necati“, „Star Helena“, „Glory“ und „Riva Wind“ hätten zusammen fast 170.000 Tonnen Agrargüter geladen. Seit Abschluss des Getreide-Abkommens zwischen Kiew und Moskau haben acht Frachter die Ukraine verlassen - trotz der Kriegswirren.

Abkommen zwischen Ukraine und Russland für Getreide-Export über das Schwarze Meer
Am 22. Juli hatten sich die Ukraine und Russland auf ein von der Türkei und den Vereinten Nationen (UN) vermitteltes Abkommen zum Getreide-Export geeinigt. Sichere Korridore für Frachtschiffe sollen wieder den Transport von Getreide auf dem Schwarzen Meer ermöglichen. Die Schiffe sollen dadurch vor möglichen militärischen Angriffen geschützt sein.
In ukrainischen Schwarzmeerhäfen lagern Millionen Tonnen Getreide, die bislang wegen des russischen Angriffkriegs auf das westliche Nachbarland nicht ausgeliefert werden konnten. Die Ukraine gilt weltweit als ein führender Getreide-Exporteur. (pm)