„Putin denkt nicht mehr rational“ - Osteuropa-Korrespondentin über den Ukraine-Krieg
Osteuropa-Expertin im Interview: Korrespondentin Aleksandra Fedorska spricht über Russlands Präsident Wladimir Putin, die dramatische Grenz-Situation und europäische Einigkeit.
Russland hat die Ukraine angegriffen – seit einer Woche herrscht Krieg. Die ukrainische Armee und Zivilisten leisten erbitterten Widerstand gegen die russischen Truppen. Was treibt Russlands Machthaber Wladimir Putin an? Wie ist die Situation in der Grenzregion? Und wie steht es um Europa im Angesicht des Ukraine-Kriegs?
Darüber spricht Osteuropa-Korrespondentin Aleksandra Fedorska im Interview mit der Ippen-Zentralredaktion. Die Politologin lebt in Polen und reiste bei Ausbruch des Ukraine-Kriegs* am 24. Februar in die Hauptstadt Warschau. Auch in Polen reagieren die Menschen schockiert auf die russische Invasion und die Eskalation des Ukraine-Konflikts.
Putin denkt nicht mehr rational, er jagt einem Geist des 20. Jahrhunderts nach, dem kommunistischen Totalitarismus. Das ist nahe am Wahnsinn.
Ukraine-Krieg: Osteuropa-Expertin über Putins Charakter – Russlands Präsident kennt nur „gewinnen oder verlieren“
„Was Putin für ein Mensch ist, werden wir erst posthum erfahren“, antwortet die Osteuropa-Expertin Fedorska zu Beginn des Interviews auf die Frage nach dem Charakter von Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Die Osteuropa-Expertin ist überzeugt, dass Putin den Eindruck eines „starken, rücksichtslosen Mannes“ vermitteln möchte. „Wir stoßen bei Putin* auf eine andere Kultur von Verhandlungen, die nur zwei Optionen kennt: Gewinnen und verlieren“, analysiert sie.
In den vergangenen Kriegstagen habe man erlebt, dass der Westen die Hand für Verhandlungen ausstrecke, doch stattdessen folge einfach der nächste Beschuss auf ukrainischem Boden, sagt Aleksandra Fedorska. „Putin denkt nicht mehr rational, er jagt einem Geist des 20. Jahrhunderts nach, dem kommunistischen Totalitarismus. Das ist nahe am Wahnsinn“, sagt Fedorska.
Ukraine-Krieg: Osteuropa-Korrespondentin im Interview zu Putin und Russlands Invasion
„Ich habe sehr viel Angst“, gesteht Fedorska auf die Frage, wie es ihr selbst als Polin mit der Situation gehe. „Ich weiß, dass das der Beginn sein könnte, dass ich nahe stehende Menschen nicht mehr wiedersehe“, so Fedorska. Die Situation auf der ukrainischen Seite der Grenze zu Polen sei fürchterlich, berichtet sie im Ippen-Interview weiter zu den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. „Es sind vor allem Kinder und Frauen, die darauf warten, über die Grenze gehen zu können“, sagt Fedorska. Auf der polnischen Seite würden Menschen aus Polen und anderen Staaten der Region auf sie warten, auch deutsche Busse stünden bereit.
(Der Krieg Russlands gegen die Ukraine erschüttert Europa und die Welt. Mit aktuellen Karten und Visualisierungen begleiten wir hier den Konflikt und seine Auswirkungen fortwährend.)

„Es sind abertausende Menschen auf ukrainischer Seite, das Durchschleusen über die Grenze ist sehr schwer und inzwischen ist es kaum noch möglich zur Grenze zu gelangen.“ Vor allem für die Kinder sei die aktuelle Situation traumatisch, sagt Fedorska, sie befänden sich in einer existenziellen Angst. „Sie brauchen unsere Obhut, sie brauchen unsere Wärme“, betont sie.
Ukraine-Krieg: Fedorska über Hilfsbereitschaft in der Region – „wir stehen plötzlich zusammen“
Die Hilfsbereitschaft in der gesamten Region sei jedoch enorm. „Wir stehen plötzlich zusammen, als ein verdammt gutes Europa, wir sind all das, was wir uns immer gewünscht haben“, sagt Fedorska zum Abschluss des Gesprächs über den Ukraine-Krieg und das Zusammenwachsen Europas. Und trotz all der Tragik des Ukraine-Konflikts* kann die Osteuropa-Expertin in diesem Moment lächeln. (aka) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.