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Die Bedeutung der Eisenbahn im Krieg in der Ukraine macht sie teils zur Zielscheibe

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Von: Aleksandra Fedorska

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Ukraine-Konflikt - Lwiw
Eine Familie wartet am Bahnsteig des Bahnhofs von Lwiw, der größte Stadt der Westukraine. Sie ist inzwischen zu einem Transitknotenpunkt für Frauen und Kinder geworden, die nach Europa fliehen, während die Männer zurückkehren und in die Ostukraine reisen, um das Land zu verteidigen. © Hesther Ng/dpa

Die Eisenbahnverbindungen in der Ukraine, aber auch in der gesamten osteuropäischen Region, sind von erheblicher Bedeutung für die Versorgung und Evakuierung von Menschen in der Ukraine.

Kiew - Die Kriegsschauplätze in Afghanistan, Syrien oder auch in Libyen zeigten oft lange Kolonnen von Lastwagen, die Menschen, Truppen, Kriegsgerät aber eben auch Hilfsgüter transportieren. In Europa, wo das Eisenbahnnetz sehr gut ausgebaut ist, haben stattdessen die Eisenbahner eine zentrale Rolle in der Logistik übernommen. Allein in der Ukraine* verfügen die Eisenbahnen über ein 22.000 Kilometer langes Schienennetz.

Die englischsprachige Kiewer Zeitung The Kyiv Independent schrieb anerkennend über die ukrainische Eisenbahnen, Ukrzaliznytsia , dass sie das ganze Land in den schwärzesten Momenten am Laufen gehalten haben. Die Eisenbahner zeigen sich furchtlos bei der Evakuation und Rettung von Millionen von Menschen im Ukraine-Konflikt*.

Ukraine-Eisenbahn transportiert russische Gefallene ab

Die staatliche Ukrzaliznytsia teile am 9. April mit, dass sie in den anderthalb Monaten seit Beginn der groß angelegten russischen Invasion 3,5 Millionen Menschen evakuiert habe. Gleichzeitig wurden nach Angaben des Telegram-Netzwerks mehr als 470.000 Passagiere mit dem Zug ins Ausland transportiert.

“In etwas mehr als einem Monat hat die Ukrzaliznytsia über 8.000 Tonnen Hilfsgüter geliefert.” schrieb The Kyiv Independent.

Die ukrainische Eisenbahn hat darüber hinaus eine andere sehr schwere Aufgabe übernommen, die in diesem schrecklichen Krieg eine besonders grauenvolle Seite der russischen Armee offen legte. Die gefallen russischen Soldaten wurden von ihren eigenen Kameraden einfach liegen gelassen. Es war schließlich die ukrainische Eisenbahn, die die Leichen der getöteten Aggressoren abtransportierte.

Der Ukraine-Krieg auf der Schiene

Die Schienenverbindungen sind in der Region ein zentrales Element der Logistik, aktuell vor allem der Kriegslogistik. Es wundert daher nicht, dass die Ukrainer in den ersten Tagen des Krieges die wichtigsten Schienenverbindungen zwischen der Ukraine und Russland* gesprengt haben. Damit haben sie den Angreifern wichtige Versorgungswege abgeschnitten.

Probleme mit dem Transport auf der Schiene bekamen die Russen auch in Belarus, wo die dortigen Eisenbahner auf Bitten der Ukrainer die Schienenverbindungen in Richtung der Ukraine sabotiert haben. Zeitweise wurden diese Verbindungen sogar vollständig unterbrochen. Der Sender Bielsat berichtete, dass mittlerweile fast 40 belarussische Eisenbahner von dem Lukashenkoregime verhaftet wurden. Nach Informationen der belarussischen Opposition wurde der Schutz der Schienenverbindungen in Belarus, die der Versorgung der russischen Truppen dienen, seit dem 19. März von den belarussischen Spezialtruppen übernommen.

Ukraine-Krieg: Eisenbahn wird zur Zielscheibe der russischen Angriffe

Wegen der enormen Bedeutung der ukrainischen Eisenbahn für die Evakuierung und den Schutz von Zivilisten wird sie zunehmend zur Zielscheibe der russischen Angreifer. Der Beschuss des Bahnhofs von Kramatorsk und die Tötung von Menschen, die das Gebiet verlassen wollten, ist nur eines von vielen Beispielen, wie Russland versucht, die Rettung von ukrainischen Menschen zu verhindern.

Eine ganz andere Auswirkung des Krieges in der Ukraine trifft hingegen die lettischen Eisenbahnen. Sie sind seit der russischen Invasion in eine tiefe Krise geraten. Die lettischen Behörden haben einen deutlichen Rückgang der auf der Schiene transportierten Waren aus Russland und Weißrussland angekündigt. Dies ist auf die Sanktionen zurückzuführen, die auf Waren aus Russland verhängt wurden. Aufgrund des Rückgangs der Warenimporte aus Russland gehen die lettischen Behörden davon aus, dass Rückgang der auf der Schiene transportierten Güter aus Russland und Belarus um bis zu 85 Prozent abnehmen könnte. Es wird auch von Entlassungen im Güterverkehr gesprochen. Es ist zu befürchten, dass 600 Mitarbeiter entlassen werden könnten.

Die Eisenbahnverbindungen als Lebensadern des Wiederaufbaus nach dem Krieg

Die Ukrzaliznytsia kündigt bereits an, nach dem Ende der Feindseligkeiten Routen für die Rückkehr der Ukrainer, in ihre Heimat zu organisieren. Auch die lettische Eisenbahn hat Hoffnungen, dass sich nach dieser Krise die Situation in der Zukunft wieder bessern könnte. Ein besonderes Interesse der Letten richtet sich auf die Handelsbeziehungen mit Kasachstan. Das kleine baltische Land bezieht seit rund einem halben Jahr Kohle aus Kasachstan. Die Kasachen suchen ihrerseits nach Alternativen zum russischen Hafen in St. Petersburg. Der Hafen von Riga hat dafür gute Voraussetzungen. Weitere potenzielle Partner Lettlands könnten auch Usbekistan und anderen zentralasiatische Republiken kommen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass das bisherige Umschlagvolumen aus Russland und Weißrussland mittelfristig vollständig ersetzt werden kann.

Den Hintergrund zur Ukraine-Krise* lesen sie hier.*Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

Aleksandra Fedorska

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