Geheimes US-Strategiepapier: „Tiger Team“ hat wohl Gegenschlag bei Putin-Invasion parat

Im Weißen Haus laufen im Geheimen wohl Vorbereitungen für den Fall einer russischen Invasion in die Ukraine. Ein „Tiger Team“ soll Putin einen Schritt voraus sein - egal, was er vorhat.
Washington, D.C. - Im Weißen Haus laufen im Stillen offenbar schon seit langem die Vorbereitungen für den Fall einer russischen Invasion in die Ukraine. Gegründet wurde laut Washington Post bereits im November ein ämterübergreifendes „Tiger Team“. Dieses soll ein umfangreiches Strategiebuch erarbeitet haben, bestehend aus drei Dutzend Papieren und Geheimdienst-Dossiers.
Was Putin genau an der ukrainischen Grenze plant, ist der ganzen Welt derzeit ein Rätsel. 130.000 Soldaten ließ er dort dem Westen zufolge aufmarschieren. Die USA warnten vergangene Woche sogar, dass Putin am 16. Februar zuschlagen werde. Die Soldaten lässt Putin aber nun offenbar teilweise zurückbeordern, die Zeichen stehen wieder etwas mehr auf Entspannung. Doch auch dem wollen sich nicht alle anschließen. Gleichzeitig empfängt der russische Präsident fast täglich Regierungschefs aus dem Westen wie US-Präsident Joe Biden* und Kanzler Olaf Scholz*, um mit ihnen über Forderungen zu verhandelt. Dadurch scheint eine diplomatische Lösung noch möglich.
USA bereiten Gegenschlag auf Putin vor: Verschiedene Strategien sind vorbereitet
Auch das Tiger Team wisse nicht, was Putin vorhat, heißt es. Es antizipiere aber die unterschiedlichsten Möglichkeiten - von einer begrenzten russischen Attacke auf die Ukraine bis hin zu einer totalen Invasion ins Nachbarland mit viel Blutvergießen und dem Ziel, Präsident Wolodymyr Selenskyj zu stürzen. Anhand mehrstündiger „table top exercises“, also Planübungen, seien verschiedene Szenarien simuliert worden. „Die Wahrheit ist: Was die Russen am Ende tun, könnte nicht 100 Prozent zu unseren vorbereiteten Szenarien passen“, wird Jonathan Finer, Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, zitiert. „Aber das Ziel ist es, ein Szenario in der Tasche zu haben, das nah genug dran ist, sodass wir schneller effektiv reagieren können.“
Je nachdem, was Putin vorhat, werde man dann „mit einer Reihe von abgestimmten Reaktionen“ darauf antworten, heißt es. US-Präsident Joe Biden hat Putin bereits mehrfach gewarnt, die Konsequenzen bei einer russischen Invasion würden sehr ernst sein. Auch Scholz trat Putin bei seinem Besuch in Moskau am Dienstag, 15. Februar, selbstbewusst gegenüber. Scholz nahm sogar das Wort Nord Stream 2 in den Mund, was er vorher vermieden hatte. Die Ostsee-Pipeline soll russisches Gas direkt nach Deutschland leiten und gilt als wichtiges Druckmittel, um Putin von einer Invasion abzuhalten.
Auch Konsequenzen zweiter Ordnung seien im Strategiebuch enthalten. Zum Beispiel sei abgeschätzt worden, wie viel Gas in Westeuropa vorrätig ist, sollte Russland seine Energieversorgung Richtung Westen abschalten. Aber auch, wie die humanitäre Katastrophe im Fall einer Invasion gemildert werden könnte.
USA bereiten Gegenschlag auf Putin vor: Auch „black swan“-Ereignisse könnten eintreten
Das Tiger Team beschäftige sich auch mit sogenannte „black swan“-Ereignissen, heißt es: Das seien Ereignisse, die zwar unwahrscheinlich seien, deren Folgen aber immens wären. Beispiel: Plötzlich tritt eine hochansteckende neue Variante des Coronavirus auf. Oder es entsteht eine riesige Energiekrise, unabhängig von der Situation in der Ukraine.
Die US-Regierung wolle auf jeden Fall besser gewappnet sein als bei der Annektierung der Krim durch Russland im Jahr 2014, heißt es. „Damals waren wir unvorbereitet und wurden auf dem falschen Fuß erwischt“, wird Andrea Kendall-Taylor zitiert, eine frühere Russland-Expertin der CIA. „Diesmal sind wir viel besser vorbereitet.“ Auch eine Blöße wie nach dem Abzug der US-Truppen aus Afghanistan und dem Chaos, das danach ausbrach, wolle man sich kein zweites Mal geben.
USA bereiten Strategie gegen Putin vor: Fingiert Russland eine Attacke der Ukraine?
Dass Russland bewusst Falschinformationen streut, um sich als Opfer der Ukraine und des Westens im Konflikt darzustellen, schätzten die Amerikaner als sicher ein. Ein russischer „Informationskrieg“ soll daher offengelegt werden, bevor er seine Propaganda-Macht voll entfalten kann. Als wahrscheinlich gelte beispielsweise, dass Putin eine Attacke der Ukraine im russisch besetzten Teil der Ukraine oder in Russland selbst fingiert, um so wiederum einen Angriff auf die Ukraine rechtfertigen zu können.
„Unsere Hoffnung ist, dass es einen diplomatischen Weg gibt, sodass wir das Strategiebuch niemals benutzen müssen“, wird US-Sicherheitsberater Jonathan Finder zitiert. „Aber alles dreht sich darum, sicherzustellen, dass wir bereit sind, wenn wir es sein müssen.“ (smu) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.