Dass es kein ganz normaler Derby-Abend werden würde, war schon vor dem Aufwärmen klar. Linksaußen Allendorf wurde vor seinem letzten Heimspiel seiner Karriere von einigen Wetzlarer Fans herzlich empfangen – 2010 war er von der HSG zur MT gewechselt. Und zum bevorstehenden Laufbahnende von Alexander Petersson waren in die Kasseler Rothenbach-Halle sogar ein paar Anhänger der Rhein-Neckar Löwen gekommen, bei denen der Isländer seine größten Erfolge gefeiert hatte. Nicht im Kader stand dagegen ein anderer Abgang: Marino Maric konnte aufgrund von Rückenproblemen nicht spielen – und wird auch am letzten Spieltag in Stuttgart am Sonntag ausfallen.
Ein Heimspiel gegen Wetzlar war im Februar 2020 das letzte Spiel vor der Pandemie. Damals war die Partie mit 4300 Zuschauern ausverkauft, diesmal waren 3837 Fans auf den Rängen – Saisonrekord. Großen Applaus und „Felix, Felix“-Sprechchöre gab es bei der Wetzlarer Mannschaftsvorstellung von den MT-Anhängern für den Ex-Melsunger Felix Danner.
Auf der MT-Bank vertrat Manager Geerken Co-Trainer Arjan Haenen. In der Startaufstellung standen mit Heinevetter im Tor sowie Allendorf und Reichmann auf den Außen drei Abgänge. Und die Melsunger begannen schwungvoll. Nach Toren von Kai Häfner (2), Allendorf und Julius Kühn – sowie zwei Paraden von Heinevetter – führten die Nordhessen 4:1 (5.). Vor allem der MT-Kapitän und Allendorf zeigten eine starke erste Viertelstunde. Beim 7:4 setzte Häfner den Linksaußen sehenswert ein, das 8:5 (12.) erzielte der Halbrechte selbst – es war sein vierter Treffer. Bei Allendorfs drittem Tor zum 9:6 (11.) hatte wieder Häfner den Assist gegeben.
Die Melsunger spielten flexibel, die Rückraumspieler Kühn und Häfner wechselten sich auf der Spielmacher-Position ab. Allerdings tat sich der Gastgeber zunehmend schwerer gegen das Wetzlarer Abwehrbollwerk. So verkürzte die nach einem Tempogegenstoß durch Lenny Rubin auf 9:10 (22.). Dank ihrer guten Deckung führten die Melsunger zur Pause 13:12. Der Halbzeitstand versprach viel Spannung für den zweiten Durchgang.
Doch Hälfte zwei begann ähnlich wie Abschnitt eins: mit Vorteilen für die Hausherren. Reichmann und Andre Gomes stellten auf 19:14 (41.). Weil es in einem Derby eher ungewöhnlich ist, das Ganze noch einmal in Worten: Neunzehn zu Vierzehn.
Zwar kämpften die Gäste aus Mittelhessen weiter verbissen um ihre Chance, den besseren Eindruck machte aber die MT, deren Hintermannschaft keinen Zentimeter verschenkte. Und am Rückzugsverhalten gab es auch nichts auszusetzen, wie die Aktion von Gomes zeigte, der einen Pass des Kontrahenten auf Emil Mellegard abfing (49.). Einer Vorentscheidung gleich kam Kühns Gewaltwurf zum 23:17. Zuvor hatte Heinevetter einen Siebenmeter von Maximilian Holst glänzend pariert.
Emotional wurde es schon lange vor der Schlusssirene. In der 57. Minute verließ Allendorf – begleitet von anhaltendem Beifall der Fans – kurzzeitig das Feld für den jungen Florian Drosten. Alle fünf Youngster kamen angesichts des klaren Vorsprungs zum Einsatz. Manuel Hörr trug sich sogar direkt in die Torschützenliste ein. Die Fans auf der Stehtribüne stimmten den Gesang an, den es bei Derbys immer wieder zu hören gibt: „Oh, wie ist das schön.“ (Manuel Kopp und Björn Mahr)