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„Mein Kampf“ und Co.: Kaufland erntet Shitstorm wegen rechtsextremen Angeboten

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Von: Sina Alonso Garcia

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„Mein Kampf“ im Onlineshop von Kaufland
Bis vor kurzem noch im Onlineshop von Kaufland erhältlich: Ausgaben von „Mein Kampf“. Inzwischen hat die Supermarkt-Kette diesen und weitere rechtsextreme Titel aus dem Sortiment verbannt. © Imago/Norbert Schulz/Twitter/Leo Schneider (Fotomontage BW24)

Schon seit längerem steht die Supermarkt-Kette Kaufland in der Kritik, Magazine und Bücher mit rechtsextremem Inhalt zu vertreiben. Am Wochenende eskalierte die Debatte.

Neckarsulm - Es ist nicht das erste Mal, dass Kaufland wegen fragwürdiger publizistischer Angebote in der Kritik steht. Seit einiger Zeit sichten Kunden immer wieder rechtsextreme Zeitschriften in Kaufland-Filialen und zeigen sich entsetzt über „Nazihuldungen“. Am vergangenen Wochenende kochte die Debatte auf Twitter erneut hoch. Auslöser war zunächst die Beschwerde eines Nutzers, der sich über Produkte mit Antifa-Logo im Online-Shop beschwert hatte. Kaufland bedankte sich für den Hinweis und entfernte diese kurzerhand aus dem Sortiment. Bücher mit rechtsextremem Inhalt - sogar „Mein Kampf“ in der Originalfassung - blieben indes weiterhin im Angebot bestehen.

Dass Kaufland einerseits Angebote aus dem linken Spektrum entfernte, gleichzeitig aber eine ganze Reihe an Titeln aus dem rechten Spektrum weiter duldete, stieß bei zahlreichen Twitter-Nutzern auf Unverständnis. Der User Leo Schneider, Co-Vorsitzender der Jusos Hamburg Nord, beschimpfte die Supermarkt-Kette als „Naziladen“ und zeigte in einem Thread, welche rechtsextremen Titel es bei Kaufland weiterhin zu kaufen gebe. „Hier kann man alles erwerben, was das gut sortierte Bücherregal in ‚Eiche Rustikal‘ eines NPD-Funktionärs so hergibt“, schrieb er - und verlinkte als Beweis entsprechende Titel von rechtsextremen Verlagen, Schriften von Holocaustleugnern, AfD- und NPD-Funktionären. Neben dem NPD-Politiker Rolf Kosiek und dem Holocaustleugner David Irving fand sich zum Beispiel auch der neurechte Publizist Karlheinz Weißmann unter den Autoren.

Kaufland: Tausende Twitter-Nutzer zeigen sich empört über rechtsextreme Titel

Die Liste der Namen und Bücher, die Schneider in seinem Tweet nennt, ist lang. „Abschließend könnten wir also sagen, dass der Onlineshop von Kaufland bis oben hin voll mit rechter und rechtsextremer Literatur der widerwärtigsten Sorte ist und es bei Kaufland auch niemanden zu stören scheint“, schlussfolgerte Schneider. Die Resonanz auf seine Recherche ist riesig. Mehr als 12.600 Nutzer gaben dem Beitrag einen Like, mehr als 3.600 teilten ihn (Stand: 10. Oktober, 13.13 Uhr). „Das werde ich zum Anlass nehmen, jeglichen Einkauf bei Kaufland künftig zu meiden“, kommentiert ein User. Eine andere Nutzerin schreibt: „Das ist wirklich heftig. Vielen Dank für Ihre Recherche.“

Noch bevor Schneider mit seinem Tweet viral ging, hatte Kaufland sich selbst zu dem Vorwurf geäußert, wieso Antifa-Produkte verschwinden mussten, diverse rechte Magazine und Schriften aber weiterhin angeboten wurden. „Wir verbannen extreme Produkte dort, wo wir es können“, heißt es in dem Statement. „Beim Marktplatz ist das einfacher, bei den Magazinen haben wir trotz intensiver Bemühungen bisher keinen Erfolg gehabt.“ Man mache zwar von dem Recht Gebrauch, solche Produkte auszulisten, wenn man es könne. „Aber manchmal sieht der Gesetzgeber einfach vor, dass eine Demokratie bestimmte Produkte (z.B. Magazine) aushalten muss, weil das Gut der Pressefreiheit höher liegt.“ Weiter heißt es in dem Statement: „Auch wir verurteilen extreme Standpunkte und versuchen, zu vermeiden, dass dazugehörige Produkte bei uns verkauft werden.“

Kaufland: Recherche von Leo Schneider bringt Schneeball ins Rollen

Nach Schneiders ausführlicher Auflistung passierte etwas, was Kaufland noch kurz zuvor als erfolgloses Unterfangen beschrieben hatte: Alle aufgezählten Publikationen verschwanden urplötzlich und ohne weiteren Kommentar aus dem Sortiment. Schneider reicht das allerdings noch nicht. Fortlaufend aktualisiert er den Thread zu seinem Tweet und nennt weiteren „Nazikram“, den Kaufland übersehen hat. „Wir können dieses Spiel noch ewig so weiterspielen“, schreibt er - und verlinkt Bücher von AfD-Politiker Alexander Gauland sowie von NSDAP-Mitglied Otto Strasser. Nach nicht mal einer Stunde sind - wie Schneider auf Twitter mitteilt - auch diese Titel von der Online-Plattform verschwunden.

Ist der Verkauf von „Mein Kampf“ verboten?

Zwar ist in Deutschland das Erstellen, Verkaufen und Erwerben von Neupublikationen von „Mein Kampf“ verboten. Antiquarische Ausgaben dürfen allerdings weiterhin gekauft und vertrieben werden. Auch kommentierte Fassungen sind erlaubt.

Während Schneider mit seinem Tweet offenbar einen riesigen Schneeball ins Rollen gebracht hat, schweigt Kaufland bislang. Schneider empfiehlt: „Eine Stellungnahme wäre jetzt angemessen.“ Ob die Nazi-Hefte in den Filialen in Zukunft ebenfalls verschwinden, bleibt abzuwarten. In früheren Debatten hatte sich Kaufland stets auf die Pressefreiheit berufen und entschieden, „nicht zu zensieren“. Wie es scheint, hat Schneider jedenfalls ein Umdenken bei den Verantwortlichen ausgelöst.

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