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Verfassungsschutz warnt: Geheimdienste spionieren Energienetze aus

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Von: Patricia Huber

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Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat Betreiber der kritischen Infrastruktur gewarnt. Sie sollen nicht mehr so viele Informationen ins Netz stellen – aus Sorge vor Sabotage.

Berlin – Die Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines und die Energiekrise haben die Anfälligkeit der kritischen Infrastruktur offengelegt. Angriffe darauf sind auch innerhalb Deutschlands denkbar, weshalb die Bundesregierung nun für mehr Schutz sorgen möchte. „Wir müssen uns insgesamt besser gegen Krisen wappnen“, erklärte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) im Dezember. „Wir werden die besonders zu schützenden Bereiche definieren, Risiken und Bedrohungslagen besser erkennen und verpflichtende Schutzstandards festlegen.“

Energiekrise: Bundesamt für Verfassungsschutz warnt - Informaionen nicht online stellen

Vorerst sollten jedoch auch die betroffenen Unternehmen entsprechende Schutzmaßnahmen treffen und nicht allzu leichtfertig mit wichtigen Informationen umgehen. Ausländische Geheimdienste und andere mögliche Saboteure suchen nach neuen Erkenntnissen des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) das Internet systematisch nach Information über die deutschen Digital-, Strom- und Gasnetze ab. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf einen ihr vorliegenden „Sicherheitshinweis für die Wirtschaft“ des Bundesamtes. Demnach sollten Unternehmen, Behörden und Industrieverbände nicht mehr so viele Daten, Karten und Baupläne online stellen, um keine Hinweise auf mögliche Anschlagsziele zu liefern.

Veröffentlichungen, die frei im Internet abrufbar seien, böten häufig sehr detaillierte Informationen, heißt es dem Bericht zufolge in dem „Sicherheitshinweis für die Wirtschaft“. Dies gelte zum Beispiel für Präsentationen, die sich ursprünglich an Behörden und Marktteilnehmer richteten, aber auch für Kartenmaterial, das Standorte von Anlagen oder Trassenverläufe abbilde.

Auf diese Weise ließen sich „Schwachstellen und damit Ansatzpunkte identifizieren, um physische und cybergestützte Sabotagehandlungen durchzuführen“, warnen die Verfassungsschützer demnach. Schlimmer noch sei, dass Firmen auch detaillierte Handlungsanweisungen für Krisenfälle ins Internet stellten, wodurch Geheimdienste und Terrorgruppen die Möglichkeit erhielten, nach einem Anschlag auch die „Notfallabläufe zu unterbrechen oder zumindest zu stören“.

Kritische Infrastruktur: Transparenzpflicht könnte zur Gefahr werden

Kritik gibt es in diesem Zusammenhang auch an den gesetzlichen Transparenzpflichten für Unternehmen, die angesichts des Ukraine-Kriegs und anderer neuer Bedrohungen komplett überdacht werden müssten. So will etwa die Deutsche Telekom einen Teil der verlangten Daten für den sogenannten Infrastruktur-Atlas, eine Art digitale Landkarte Deutschlands, nicht mehr liefern.

Die zuständige Bundesnetzagentur wies die Kritik allerdings zurück und erklärte, das „Spannungsfeld“ zwischen dem Informationsbedarf der Marktakteure und der Öffentlichkeit sowie dem notwendigen Geheimhaltungsbedarf werde regelmäßig geprüft und neu bewertet.

Hintergrund der Debatte ist nicht zuletzt der Anschlag auf zwei Glasfaserkabelschächte der Deutschen Bahn im Oktober vergangenen Jahres, mit denen bislang unbekannte Täter den Zugverkehr in ganz Norddeutschland für Stunden weitgehend lahmgelegt hatten. Der Fall sorgte in Sicherheitskreisen vor allem deshalb für Aufregung, weil nicht nur ein Kabel in Berlin, sondern auch die Ersatzleitung im 500 Kilometer entfernten Herne durchtrennt worden war. Der oder die Täter mussten also über großes Insiderwissen verfügen. (ph/dpa/AFP)

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