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Lindners Pläne zur Steuerentlastung: Harte Kritik von Wirtschaftsweiser – „Falscher Zeitpunkt“

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Von: Lisa Mayerhofer

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48 Millionen Menschen in Deutschland will Finanzminister Lindner mit seinen Steuerplänen entlasten. Doch von Ökonomen und Koalitionspartnern hagelt es scharfe Kritik.

Berlin – Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat am Mittwoch seine neuen Steuerpläne vorgestellt. 48 Millionen Bürger sollen ab dem kommenden Jahr profitieren, insgesamt geht es um mehr als zehn Milliarden Euro. Zusätzlich zu einer Anpassung des Einkommensteuertarifs sollen auch das Kindergeld und der Kinderfreibetrag erhöht werden. 

Prozentual werden Geringverdiener in dem Vorschlag deutlich stärker entlastet als Topverdiener – in absoluten Zahlen sieht das aber anders aus. Die beiden Koalitionspartner Grüne und SPD halten das für sozial unausgewogen. Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte: „Steuersenkungen in Milliardenhöhe, von denen Topverdiener dreimal so stark profitieren, wie Menschen mit kleinen Einkommen, gehen an der Realität vorbei.“ 

Wirtschaftsweise Veronika Grimm: Steuerpläne von Lindner kommen zum falschen Zeitpunkt

Doch auch von Expertenseite hagelt es Kritik: Laut der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm seien die Pläne Lindners nicht zeitgemäß. „Eine Reform, bei der nominal die Besserverdienenden mehr gewinnen, kommt einfach zum falschen Zeitpunkt“, sagte Grimm der Rheinischen Post.

Prinzipiell sei es zwar richtig, die sogenannte kalte Progression auszugleichen und die Mitte der Gesellschaft angesichts der hohen Inflation zu entlasten. „Andererseits brauchen wir zurzeit eine Entlastung vorwiegend der unteren und mittleren Einkommen, die die Härten durch die Preissteigerungen nicht allein tragen können“, sagte das Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Man müsse versuchen, zielgerichtet untere und mittlere Einkommensgruppen zu entlasten, bis in die Mitte der Gesellschaft. „Entlastungen mit der Gießkanne, wie etwa beim Tankrabatt oder einer Mehrwertsteuersenkung, sind nicht angezeigt“, riet die Erlanger Ökonomin.

Steuerentlastungen: Kommunen fürchten Steuerausfälle in Milliardenhöhe

Kritik kommt auch von Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Er bezeichnete die Pläne in der ARD als „sehr unausgewogen“. „70 Prozent davon kommen den 30 Prozent mit den höchsten Einkommen zugute“, kritisierte er in den ARD-Tagesthemen. „Menschen mit geringen Einkommen, die keine oder wenig Einkommensteuer zahlen, bekommen praktisch gar nichts davon.“ Diese Menschen seien von der Inflation aber besonders betroffen.

Der Deutsche Städtetag warnte indes vor Steuerausfällen in Milliardenhöhe durch Lindners Pläne und forderte einen Ausgleich für Kommunen. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte der Deutschen Presse-Agentur, mit den Steuerentlastungen seien Steuerausfälle für die Kommunen von rund 4,2 Milliarden Euro in den Jahren 2023 und 2024 verbunden. „Diese Mittel fehlen dann in den städtischen Kassen, die schon durch Begleiterscheinungen des Ukraine-Kriegs und die Energiekrise gebeutelt sind und vor großen Haushaltsrisiken stehen.“

Lindner selbst hat seine Pläne für Steuerentlastungen gegen Kritik verteidigt. „Das ist sozial ausgewogen“, sagte der FDP-Chef am Mittwochabend im ZDF-heute journal. „Die starken Schultern werden weiter auch eine große Last tragen. Aber sie werden eben nicht stärker belastet. Und vor allen Dingen sorgen wir dafür, dass nicht Menschen, die in Wahrheit keine breiten Schultern haben, durch die Inflation plötzlich mehr Steuern zahlen.“ Es sei eine „reine Inflationsanpassung“. (lma/dpa)

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