Plastikmüll-Fonds: Wirtschaft will Kosten an Verbraucher weitergeben

Plastikmüll hat einen großen Anteil an der Umweltverschmutzung. Nun sollen Hersteller bei der Entsorgung durch einen Fonds beteiligt werden. Die Industrie will die Kosten an die Verbraucher weitergeben.
Berlin – Kaffeebecher im Gebüsch und Einwegtüten auf dem Gehweg: Plastikmüll findet sich praktisch überall und muss teuer entsorgt werden. Künftig sollen Hersteller deshalb eine Plastikabgabe als Beitrag gegen Umweltverschmutzung zahlen. Die Industrie ist darüber verärgert – Umweltverbänden und Kommunen gehen die Pläne hingehen nicht weit genug.
Wirtschaftsverbände über Plastikmüll: Bürgern droht doppelte Belastung
„Die Kostenberechnung ist nicht schlüssig und geht auch über das hinaus, was erforderlich ist“, sagte Martin Engelmann von der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen am Mittwoch in einer Anhörung im Umweltausschuss des Bundestags. „Und zudem ist auch unklar, welche Verpackungen überhaupt betroffen sind.“ Diese staatliche Sonderabgabe werde sich als Sackgasse erweisen, denn auch die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen seien zweifelhaft.
Konkret geht es etwa um Abgaben, die die Hersteller von Einwegplastik-Produkten in einen Fonds einzahlen sollen. Für die Entsorgung von Müll sind die Kommunen zuständig – die Kosten dafür tragen sie bislang alleine. Mit dem Fonds sollen sie künftig Mittel abschöpfen und so die Entsorgung des Plastikmülls finanzieren können. Die Höhe der Abgaben soll abhängig von der erstmals auf dem Markt bereitgestellten oder der verkauften Menge an Einwegkunststoffprodukten sein. Zu den betroffenen Produkten gehören etwa Zigaretten mit plastikhaltigen Filtern, Getränkebehälter aus Plastik und Luftballons.
Die Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt weist dagegen darauf hin, dass die geplante Mehrbelastung die schon gezahlten Verpackungslizenzgebühren teilweise um das Doppelte übertreffe, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). „Damit hat die Kostenüberwälzung an die Wirtschaft jedes Maß verloren und muss unweigerlich an die Privathaushalte weitergegeben werden“, zitiert die Zeitung den Unternehmensverband. Den Bürgern drohe eine doppelte Belastung, mahnt laut FAZ auch ein Bündnis mehrerer Wirtschaftsverbände. Und zwar durch die Abfallgebühren auf der einen Seite und durch den Aufschlag der zusätzlichen Kosten auf die Produktpreise auf der anderen.
Plastikmüll-Fonds: Kommunen und Umweltverbänden gehen Pläne nicht weit genug
Hintergrund des Vorhabens ist die EU-Einwegkunststoffrichtlinie, nach der die Mitgliedstaaten die Verantwortung der Hersteller national zu regeln haben. Diese betrifft etwa Mitnehmbehälter, Tüten- und Folienverpackungen, Getränkebecher und -behälter, leichte Tragetaschen, Feuchttücher, Luftballons oder Tabakfilter.
Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) fordert die Bundesregierung auf, an der Vermeidung von Plastikmüll zu arbeiten und nicht die Müllbeseitigung in den Vordergrund zu stellen. „Der geplante Einwegkunststofffonds ist ein guter Schritt, um die Hersteller in die Verantwortung für den durch ihre Produkte anfallenden Müll zu nehmen“, sagte Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Allerdings kann es nicht sein, dass das entsprechende Gesetz nur an der Nachsorge – also dem Beseitigen des Mülls – ansetzt. Viel sinnvoller wäre es, den Müll von vorneherein zu vermeiden.“
Auch dem Deutschen Städtetag gehen die Pläne noch nicht weit genug. „Ob der Einweg-Müll aus Plastik, Pappe oder Aluminium ist, macht für Kosten und Aufwand der Reinigung keinen Unterschied“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Helmut Dedy, der Deutschen Presse-Agentur. „Er muss ausgeweitet werden auf mehr Produkte und auf mehr Materialien.“ Die aktuellen Pläne für den Fonds gingen an der Realität vorbei. Es bestehe die Gefahr, dass Hersteller von Einweg-Verpackungen einfach nur auf andere Materialien umsteigen.
Große Probleme bei Müllbekämpfung
Die Abfallwirtschaftsbetriebe berichteten im Ausschuss von großen Problemen mit Plastik. „Littering und damit einhergehend der Aufwand für die Bekämpfung und Beseitigung hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen“, sagte Patrick Hasenkamp von den Abfallwirtschaftsbetrieben Münster. Mit Littering ist das achtlose Hinterlassen von Müll in der Umwelt gemeint. Bei einer Bestandsaufnahme mehrerer Kommunen ist nach Angaben von Hasenkamp herausgekommen, dass etwa 22 Prozent aller Materialien im Straßenkehricht Kunststoffe sind. „Das ist schon ein starkes Stück, was wir tatsächlich heute auch mit bekämpfen können“, sagte Hasenkamp. (lma/dpa)