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Deutsche Elektronik in russischen Raketen: Türkei hilft Putin, Sanktionen zu umgehen

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Von: Lisa Mayerhofer

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Russlands Präsident Putin
Kreml-Chef Wladimir Putin hat offenbar Möglichkeiten gefunden, die Sanktionen zu umgehen – eine besonders wichtige Rolle spielt dabei die Türkei. (Archivbild) © Sergey Guneev

Mit Sanktionen gegen Russland will der Westen erreichen, dass Kremlchef Putin im Ukraine-Krieg die Puste ausgeht. Doch in der Türkei können russische Unternehmen die Sanktionen umgehen.

Hamburg – Diese Nachricht ging vergangenen Oktober um die Welt: Fünf Russen wurden in den USA wegen der Umgehung von Russland-Sanktionen angeklagt. Einer von ihnen ist Juri Orechow – ihm gehört eine Firma in Hamburg, die Nord-Deutsche Industrieanlagenbau GmbH. Orechow wurde in Deutschland festgenommen. Ihm und den anderen Männern wird vorgeworfen, Halbleiter und Mikroprozessoren über ein ausgeklügeltes Netzwerk nach Russland geliefert zu haben. Diese wurden demnach für den Bau von russischen Raketensystemen und anderen Waffentechnologien verwendet und im Ukraine-Krieg eingesetzt.

Ukraine-Krieg: Noch immer wird westliche Technologie von der russischen Armee verwendet

Die ukrainische Armee findet immer wieder westliche Bauteile in russischen Militärgeräten, die ihnen in die Hände fallen. Ohne Technologien aus dem Westen – insbesondere bei Chips – wäre die russische Waffenproduktion schnell aufgeschmissen, vor allem bei Raketen. Die Sanktionen des Westens sollten deshalb eigentlich Russlands Waffeneinkäufe und -herstellung empfindlich beschränken und so Kriegstreiber Wladimir Putin langsam in die Knie zwingen.

Doch: „Diese Hoffnung hat sich bisher nicht bewahrheitet“, sagt András Rácz, Experte für russische Verteidigungspolitik bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Russland erhält über Drittländer immer noch Mikroprozessoren und Halbleiter.“ Auch James Byrne vom Royal United Services Institute for Defence and Security Studies (Rusi) sagt laut RND: „Ohne westliche Technologie könnte die russische Armee den Krieg gegen die Ukraine nicht so führen, wie sie es seit Monaten tut.“

Trotz Sanktionen: Türkei als Drehscheibe für Exporte nach Russland

Denn der Kreml hat offenbar viele Möglichkeiten gefunden, die Sanktionen zu umgehen – eine besonders wichtige Rolle spielt dabei die Türkei. In dem Land wird laut Rusi ein Großteil der Waren umgeschlagen und nach Russland transportiert. Denn die Türkei hat weder Sanktionen gegen Russland verhängt, noch ist sie von diesen betroffen.

RND habe demnach aus der russischen Logistikbranche erfahren, dass Ware, die in die Türkei geliefert werde, per Luft-, See-, Straßen- und Schienenweg nach Russland gebracht würde. „Ohne Probleme können sie Waren aus Deutschland in die Türkei exportieren und von dort direkt nach Russland bringen“, erklärt RUSI-Experte Byrne laut RND. Mehrere deutsche Unternehmen sollen laut dem Netzwerk in den vergangenen Monaten die Türkei als Drehscheibe für Exporte nach Russland genutzt haben.

Sanktionen können russische Rüstungsindustrie nicht stoppen

Doch für den Westen – vor allem die Ukraine – gibt es auch Hoffnung. Zwar könnten die Sanktionen die russische Rüstungsindustrie nicht stoppen, aber sie können sie zumindest verlangsamen. Laut Rácz gingen in Russland die Produktionszahlen vor allem bei modernen Kriegsgeräten stark zurück, auch wenn sich „in den russischen Depots noch viel altes Material“ befände. Zudem werde gerade in der Ukraine mehr Kriegsgerät zerstört, als die russische Waffenindustrie nachproduzieren könne.

„Wenn die Intensität der Kämpfe auf dem jetzigen Niveau bleibt, halten die Russen nicht länger als sechs bis neun Monate durch, bis ihnen die modernen Panzer ausgehen“, so Rácz gegenüber dem RND. Etwas später würden ihnen auch die gepanzerten Fahrzeuge und die Schützenpanzer ausgehen. „Wegen der hohen Verluste an militärischem Material wird Russland die Intensität seiner Kämpfe spätestens im Herbst verringern müssen, weil die Armee einfach ausblutet“, lautet demnach seine Prognose.

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